Aktuelle Situation
Die Kaltfront, welche mit einer Nordwestströmung am Montag, 30.01., an Salzburgs Berge herangeführt wurde, brachte stürmischen Wind und etwas Neuschnee. Auf den Bergen wurden verbreitet 10 bis 20 cm Neuschnee verzeichnet, in den Nordalpen auch mehr. Die Beobachterstation am Arthurhaus (1500m, Hochkönig-Massiv) meldete uns gar eine 24h- Neuschneesumme von 31 cm.
Der Wind verfrachtete dabei nicht nur den neu gefallenen Schnee, sondern auch den lockeren Schnee an der Schneeoberfläche, welcher bis Sonntag verbreitet noch für Skigenuss sorgte. Genau dieser lockere Wildschnee, welcher bei kalten Temperaturen und wenig Wind am Freitag und Samstag gefallen ist, bildet jedoch auch eine bedeutende Schwachschicht, wenn dieser von einem gebundenen Brett überlagert wird. Selbiges gilt für Oberflächenreif, welcher vor dem Niederschlag von Freitag vielfach (insbesondere zwischen etwa 1800m und 2200m) an der Schneeoberfläche gefunden werden konnte.
Abb. 1: Starker bis stürmischer Wind sorgte für umfangreiche Verfrachtungen, wie hier am Hochkönig (2941m; Foto: Gerald Lehner, 30.01.2023).
Abb 2: Der Stausee am Mooserboden auf ca. 2000m. Oben vor dem Sturm, unten nach dem Sturm. Vom Neuschnee, welcher in der Nacht auf den 31.01. gefallen war, wie auch vom lockeren Altschnee fehlt jede Spur (Foto: www.foto-webcam.eu)
Abb. 3: Abruptes Eintreffen der Kaltfront an der automatischen Wetterstation bei der Rudolfshütte (2317m), gut zu erkennen am plötzlichen stürmischen Wind und dem einsetzenden Niederschlag. Unsere Wetterbeobachterin meldete uns bis am Vormittag eine Neuschneemenge von 10cm.
Derzeit haben wir es also in erster Linie mit einer Triebschneeproblematik zu tun. Die kleinen bis mittelgroßen Triebschneepakete liegen besonders an windgeschützten Standorten (z.B. Mulden, Rinnen) auf den oben erwähnten ungünstigen Schichten und können dort leicht ausgelöst werden. Aufgrund der Stärke des Nordwestwinds können solche Triebschneepakete an allen Expositionen und auch im Waldgrenzbereich angetroffen werden. Weil dort auch z.T. Oberflächenreif (sehr ungünstige Schicht) überdeckt wurde, sind gerade diese Höhenlagen mitunter besonders ungünstig.
Dem Triebschneeproblem etwas untergeordnet ist im Bereich der Tauern noch vereinzelt ein Altschneeproblem zu beachten, welches aber meist nur mehr mit großer Zusatzbelastung angesprochen werden kann. In der jetzigen Situation ist es vorstellbar, dass ein oberflächliches Triebschneebrett in tiefere Schichten durchreißt. Die Gefahrenstellen für Brüche im schwachen Altschnee befinden sich v.a. an wenig befahrenen Schattenhängen oberhalb 2200m sowie an Sonnenhängen in großen Höhen. Die derzeitigen Bedingungen (wetter-, lawinen- und schnee-technisch) verschieben das Risiko- Nutzen Verhältnis dort aber derzeit stark ins Negative... Abwarten und Tee trinken, die anstehende Wetterlage bringt langfristig Besserung was die Altschneeproblematik betrifft.
Abb. 4: Sehr guter Sprengerfolg. Im Zuge der Sicherungsmaßnahmen im Skigebiet von Sportgastein konnte dieses mittelgroße Schneebrett (Größe 2) auf einer tiefer liegenden Schwachschicht im Altschnee ausgelöst werden.
Abb. 5: Spontane Schneebrettlawine im Zuge der Kaltfront in der Nähe des Filzmooshörndl.
Weitere Entwicklung
Was hilft gegen ein latentes Altschneeproblem? Ein Abschmelzen der Schneedecke oder aber viel Neuschnee. Letzteres ist ab Donnerstag prognostiziert. Wir verbleiben in der kräftigen West-, Nordwestanströmung, welche feuchte Luft an die Alpennordseite heranführt. Diese führt zu anhaltenden, intensiven Schneefällen. Bis Samstag ist mit verbreitet 40 bis 60 cm (gesetztem) Neuschnee zu rechnen, in den Nordalpen auch mit mehr. Der Wind weht meist stark, teilweise stürmisch aus westlichen Richtungen. Die Lawinengefahr steigt mit dem Niederschlagsereignis ab Donnerstag zumindest gebietsweise auf Gefahrenstufe 4, GROSS, an.
Abb. 6: In den nächsten Tagen ist viel Neuschnee prognostiziert…
Abb. 7: Der Niederschlag wird begleitet von starkem bis stürmischem Wind aus westlicher bis nordwestlicher Richtung.
Der intensive Niederschlag – besonders in der Nacht auf Freitag – führt zu einer impulsartigen Belastung der Schneedecke. Dies wird in windabgewandten Hängen mit zusätzlichem Triebschnee noch verstärkt. Schwachschichten in der Altschneedecke werden damit initiiert und spontane Schneebrettlawinen ausgelöst werden, besonders an Felswandfüßen und in geschützten, kesselförmigen Geländepartien. Wir rechnen mit zahlreichen mittleren und großen Lawinen. Zudem können Brüche innerhalb des Neu- und Triebschneepakets auftreten. Auf steilen Grashängen unterhalb rund 2400m ist zudem mit einer Zunahme der Gleitschneeaktivität zu rechnen.
Für Wintersportler ist die Situation in den nächsten Tagen besonders heikel. Lawinen können ab dem Waldgrenzbereich an vielen Stellen leicht ausgelöst werden und gefährlich groß werden. Aber auch unterhalb der Waldgrenze, in Waldlichtungen und Schneisen sind einzelne Gefahrenstellen anzutreffen. Zudem ist die Sicht sehr schlecht und die Orientierung im Gelände damit schwieriger. Unerfahrenen Personen ist angeraten im gesicherten Skiraum zu bleiben. Dem erfahrenen Wintersportler sei eine gute Planung ans Herz gelegt, große Steilhänge und (auch kleine) Hangpartien oberhalb von Geländefallen sollten konsequent gemieden werden.
Das Gute zuletzt
Nach Starkschneefällen entspannt sich die Situation für gewöhnlich recht rasch. Zwar bleibt das Wetter bis übers Wochenende hinweg unwirtlich, mit weiterhin starkem Wind und etwas Schneefall. Ab etwa Mitte nächster Woche beruhigt sich die Situation allerdings, es ist kaltes, windschwaches und sonniges Wetter in Sicht. Neu- und Triebschnee setzen sich recht rasch und die Lawinengefahr nimmt dann wieder ab.
Abb. 8: Das Wetter bleibt auch über das Wochenende hinweg unwirtlich. Man beachte auch die Entwicklung der Schneefallgrenze.