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Neuschnee auf den Bergen unterbricht Stationswartung

Ausgangslage

Bis Freitagfrüh hat es oberhalb von 1500 bis 1800 m verbreitet 20 bis 40 cm geschneit, hochalpin in den Hohen Tauern und Nordalpen auch bis zu 60 cm. Der letzte Schneefall war begleitet von Wind aus nördlicher Richtung, der hochalpin und in exponierten Kammlagen auch Verfrachtungsstäre erreicht hat. Zuvor hat am Mittwoch direkt am Tauernhauptkamm für ein paar Stunden stürmischer Südföhn in Kombination mit leichtem Schneefall für kleinräumige Einwehungen in den hochalpinen Bereichen gesorgt. Die folgende Abbildung zeigt die analysierte Neuschneesumme:

Abbildung 1: Die 24h-Neuschneesumme bis Freitag 09:00 von SNOWGRID zeigt den ergiebigsten Schneefall in den östlichen Hohen Tauern.

Abbildung 2: Die Messdaten der LWD-Station am Rauriser Sonnblick zeigen das Niederschlagsereignis (ganz oben im Bild) und den phasenweise stürmischen Wind aus Südwest und später aus Nord/Nordost.

Vor diesen Schneefällen hat sich bis in Höhen zwischen 2000 und 2400 m vor allem in Rinnen, hochalpin aber auch zusammenhängend, noch Altschnee aus der Starkniederschlagsphase von Mitte September halten können. Der Blick vom Heinrich-Schwaiger-Haus oberhalb der Stauseen Kaprun gibt einen Eindruck über die Altschneeverteilung vor dem aktuellen Schneefallereignis.

Abbildung 3: Blick vom Heinrich-Schwaiger-Haus über die Stauseen Kaprun zum Kitzsteinhorn vor dem Niederschlagsereignis

 

Gefährdung durch Lawinen

Beobachtungen oder Schneedeckenuntersuchungen liegen zur Zeit aus unseren Bergen noch nicht vor, sodass vorerst über den Schneedeckenaufbau und allfällige Störanfälligkeit nur grundsätzliche Überlegungen angestellt werden können. Überall dort, wo eine Altschneeunterlage vor dem Schneefall bereits vorhanden war - das betrifft in erster Linie hochalpine Bereiche, aber auch schattseitige Rinnen oberhalb der Baumgrenze - kann der Neuschnee in Verbindung mit dem Wind zur Bildung von Schneebrettern führen. Die Ausdehnung der Gefahrenbereiche dürfte aktuell nicht allzu groß sein, dennoch ist in den genannten Bereichen Vorsicht geboten zumal auch die Sichtverhältnisse am Samstag schlecht sein werden.

Neben der Gefährdung durch Schneebrettlawinen besteht vor allem in Höhenlagen unterhalb von 2000 m auf vormals aperen und sehr steilen Grasflächen die Gefahr von Gleitschneelawinen. Diese gehen spontan, also ohne menschliches Zutun ab. Die diesbezügliche Gefährdung steigt mit der erwarteten Erwärmung und Einstrahlung am Sonntag und zu Wochenbeginn an. Lawinen dieser Art dürften überwiegend klein bis mittelgroß bleiben. Dennoch können sie bei ungünstiger Topographie in apere Bereiche vorstoßen und exponierte Wege gefährden. Auch wenn im Vergleich zum Wintereinbruch Mitte Septemper die Neuschneemengen jetzt deutlich geringer sind, sollte dieses Risiko nicht außer Acht gelassen werden,

 

Weitere Entwicklung

Die mittelfristige Wetterentwicklung zeigt ab Sonntag mehrere niederschlagsfreie Tage. Allerdings wird am Montag und Dienstag stürmischer Südföhn den letzten Neuschnee wieder verfrachten, bevor sich  zum Mittwoch hin wieder etwas Neuschnee ankündigt. Darüber hinaus ist die Entwicklung noch sehr unsicher. Einzelne Berechnungen zeigen aber durchaus noch das Potenzial für weitere Schneefälle im Gebirge.

Abbildung 4: Ensemble-Prognose der Neuschneehöhe am Kitzsteinhorn

Stationswartung

Alljährlich werden nach dem Ende der Gewittersaison die Stationen im Messnetz des Lawinenwarndiensts gewartet und für die neue Lawinensaison fit gemacht. Zuletzt waren unsere Techniker mit Hubschrauberunterstützung im Lungau unterwegs und konnten einen Teil der Stationen dort bereits erfolgreich servicieren. Die Arbeiten werden in den kommenden Wochen fortgesetzt, um eine der wesentlichen Säulen des Lawinenberichts - die Messdaten von automatischen Wetterstationen - in bestem Zustand zu wissen.

Abbildung 5: Die Windstation auf der Kendlspitze oberhalb von Muhr, Eiskristalle in der Atmosphäre erzeugen um die Sonne eine sog. Halo-Erscheinung.

 


Michael Butschek ist Leiter der Lawinenwarnzentrale Salzburg bei der GeoSphere Austria. Er ist ausgebildeter Meteorologe und seit über zwanzig Jahren als Lawinenprognostiker des LWD Salzburg und als Ausbildner für die Lawinenwarnkommissionen tätig. Die langjährige Tätigkeit im Lawinenwarndienst hat ihm einen reichen Erfahrungsschatz über die heimische Bergwelt und ihre winterlichen Gefahren beschert.