Bei neuerlich sehr milden Temperaturen und viel Sonnenschein erwarten wir am Wochenende wieder spontane Gleit- und Nassschneelawinen. Bei Skitouren sollten vor allem die tageszeitliche Erwärmung und die damit einhergehende Durchfeuchtung der Schneedecke beachtet werden. In der kommenden Woche steht wieder eine Abkühlung mit Neuschnee im Gebirge bevor.
Rückblick
Markante Erwärmung am vergangenen Wochenende
Am vergangenen Wochenende haben wir vor erheblicher Gefahr durch Nass- und Gleitschneelawinen gewarnt. Dabei sind wir von einigen großen spontanen Lawinen ausgegangen. Die Gefahrenbereiche wurden nordseitig unterhalb von 2400 bzw. 2600 m, Ost- und Westseitig unterhalb von 2800 bzw. 3000 m und südseitig in allen Höhenlagen erwartet. Rückblickend waren die meisten großen Lawinen der Gleitschneeaktivität zuzuschreiben. Nasse Schneebrettlawinen blieben auf Grund des verbreitet stabilen Altschneefundaments eher selten. Zusammenfassend war die Lawinenaktivität am letzten Wochenende hoch, gebietsweise war die Situation für Hochtouren vor allem in der ersten Tageshälfte aber günstig.
Abb. 1: Teils große Gleitschneelawinen rissen in der Sturzbahn einiges an durchnässten Schnee mit und stießen vereinzelt bis ins Grüne vor wie hier im Habachtal (© LWD Salzburg)
Die anfangs erwartete umfangreiche Durchfeuchtung der Schneedecke, verursacht durch starken Wärmeeintrag aufgrund der sehr milden Temperaturen (8-10 Grad auf 3000 m) und der kräftigen Sonneneinstrahlung, wurde durch die Dämpfung der Sonneneinstrahlung durch Saharastaub, die geringe Luftfeuchtigkeit sowie den trockenen und teilweise starken Südwind vermindert. Viel Schnee verdunstete anstatt als Schmelzwasser die Durchfeuchtung der Schneedecke voranzutreiben.
Abb.2: Stationsgrafiken zeigen, dass die sehr hohen Temperaturen am verganenen Wochenende von sehr niedriger Luftfeuchtigkeit (teils < 20%) begleitet wurden. Durch die geringe Luftfeuchtigkeit ist viel Schnee sublimiert anstatt zu schmelzen.
In Höhenlagen um 2000 m hat die Gesamtschneehöhe an den verganenen milden, trockenen Tagen um rund 10 cm pro Tag abgenommen. Das Gefahrenpotenzial hat damit bei Anbruchgebieten in tieferen Lagen (beispielsweise in den Grasbergen) abgenommen.
Abb. 3: Nasse Schneebrettlawinen sind auf Grund des recht stabilen Altschneefundaments derzeit eher selten anzurteffen. Hier im Habachtal hat ein Wechtenbruch ein nasses Schneebrett ausgelöst.
Neuschneezuwachs zur Wochenmitte
Zur Wochenmitte hat es stark abgekühlt und in den Hochlagen der Hohen Tauern hat es 20-50 cm bei wenig Wind geschneit. Am unmittelbaren Alpenhauptkamm hat der Wind etwas stärker durchgegriffen. Der Neuschnee wurde bereits am Mittwoch bei diffusen Verhältnissen oberflächlich in allen Expositionen leicht angefeuchtet. Mit der neuerlichen Erwärmung und der Sonneneinstrahlung am Donnerstag wurde der Neuschnee im Laufe des Vormittags rasch feucht, verlor die Bindung und ist auf der obersten Kruste mit Saharastaub als Lockerschneelawine abgegangen. Die Folge waren viele kleine und einige mittelgroße Lawinen
Abb. 4: Abbildung 4 zeigt die Lockerschneeaktivität im Laufe des Donnerstags. Es wurden viele kleine und einige mittelgroße Lockerschneelawinen beobachtet. (©LWD Salzburg)
Ausblick
Wochenende
Das Wochenende wird wieder mild (4-6 Grad auf 3000 m) und sonnig. Aus Sicht der Lawinenwarnung steht wieder eine Frühjahrsituation mit einem tageszeitlichen Anstieg der Lawinengefahr bevor. Besonders bei Hüttenzustiegen, Aufstiegen sowie Abfahrten unter steilen, sonnenexponierten Flanken ist bereits im Laufe des Vormittags mit einer Zunahme der Lawinenaktivität zu rechnen. Gleitschneelawinen bleiben auch im Frühjahr schwer zu prognostizieren und obwohl die Aktivität im Tagesverlauf zunimmt, können sich auch in den Nacht- und Morgenstunden vereinzelt spontane Gleitschneelawinen lösen.
Kommende Woche
Anfang der kommenden Woche stellt sich eine Nordwestwetterlage mit mehreren aufeinanderfolgenden Tiefdruckgebieten ein. Die Kaltfronten bringen immer wieder Niederschlag. Zu Beginn des Niederschlags am Montag zeigen die Prognosen Regen bis in die Hochlagen (anfangs >2500 m) was zu einem weiteren Festigkeitsverlust einer bereits geschwächten Schneedecke führt. Bis zum Mittwoch sinkt die Schneefallgrenze. Am Montag sind in den Hochlagen ca. 20 cm prognostiziert, am Alpenhauptkamm auch etwas mehr, am Dienstag wird im Westen nochmal in etwa die gleiche Menge erwartet im Norden etwas weniger, im Osten des Hauptkamms deutlich weniger. Ab Dienstag weht der Wind am Alpenhauptkamm teilweise stark.
Anna Heuberger ist neu im Team des Lawinenwarndienstes. Durch ihre Ausbildung als Skiführerin und ihr Studium der Alpinen Naturgefahren kennt sie die vielen Facetten von Schnee im alpinen Gelände. Anna hat außerdem nicht nur in den heimischen Bergen Erfahrung in der Gefahrenbeurteilung gesammelt, sondern auch in den Bergen Nord- und Südamerikas.