Schon in den vergangenen Tagen wehte der Südföhn kräftig, am Wochenende wieder das gleiche Bild: stürmischer Südföhn kann lockeren und schon etwas verfestigten Schnee verfrachten. Da allerdings nicht allzu viel Neuschnee erwartet wird, in einigen Regionen nur wenige Zentimeter bis maximal 15 cm, halten sich die verfrachtbaren Schneemengen in Grenzen. Besonders im Waldgrenzbereich und in kammfernen, windberuhigten Bereichen, sind Triebschneeansammlungen aber vorsichtig zu beurteilen.
Triebschneeproblem bei Föhn
Bei den hohen Windgeschwindigkeiten, die bei Föhn auftreten wird natürlich viel Schnee verfrachtet. Der Schnee wird weit transportiert und lagert sich auch bzw. oft hauptsächlich kammfern ab. Bis in welche Höhenlagen Schnee verfrachtet wird, ist abhängig davon wie weit der Föhn durchgreift. Gefahrenstellen nehmen also nicht unbedingt mit der Höhe zu, denn kammnah gibt es bei Sturm kaum windberuhigte Bereiche, wo sich Triebschnee ablagern könnte. Die meisten Gefahrenstellen liegen im Übergangsbereich zu windberuhigteren Stellen. Greift der Föhn wie derzeit bis ins Tal durch, sind beispielsweise Waldgrenzbereiche typische Stellen für Triebschneeansammlungen. Natürlich hängen die Gefahrenstellen auch von der Altschneeecke ab. Bei Föhn herrschen meist hohe Temperaturen und die Schneedecke ist bis in hohe Lagen angefeuchtet. Triebschneeansammlungen verbinden sich dann in tieferen Lagen oft recht gut mit der Altschneedecke. Es ist also nicht immer leicht eine Höhenangabe für das Triebschneeproblem festzulegen.
Letzten Dienstag waren es nach dem Kaltfrontdurchzug vom Wochenende noch nicht so warm wie derzeit, es wurden uns mehrere kleine Lawinen aus dem Waldgrenzbereich (ca. 1900 m) zurückgemeldet, während im Lagebericht die Grenze von Gefahrenstufe 1 zu 2 auf 2000 m lag. Wie immer gilt aber, die Höhengrenze zwischen den Gefahrenstufen darf nicht auf den Meter genau genommen werden, sondern der Übergang passiert fließend. Und Triebschneeansammlungen sind bei guter Sicht gut zu erkennen und sollten umgangen werden.
Abb. 1: Kleines, gering mächtiges Triebschneebrett im Waldgrenzbereich am Rauriser Hohen Sonnblick.
Durch topographische Ablenkungen und starke Verwirbelungen bei Föhn können oft auch die Ablagerungsgebiete von Triebschnee nicht mehr in bestimmte Hangausrichtungen eingegrenzt werden. Deswegen wird während Föhnlagen von den Lawinenwarndiensten oft ein Triebschneeproblem in allen Expositionen ausgegeben.
Auch die trockene Luft bei Föhn hat einen Einfluss auf das Triebschneeproblem. Der durch den starken Wind weit in die Höhe getragenen Schnee kann bei geringer Luftfeuchtigkeit sublimieren. Das Wasser, das im Schnee enthalten ist, wird sozusagen von der Luft geschluckt. Triebschneeansammlungen fallen daher kleiner aus, als man das anhand der vorhandenen Menge an verfrachtbarem Schnee erwarten würde.
Verfrachtbarer Schnee ist bei stürmischem Föhn nicht nur der lockere und leichte Schnee. Bei hohen Windgeschwindigkeiten kann der Wind auch Harschdeckel aufreißen und härteren Schnee wegfräsen. Nur sehr verdichteter Schnee bleibt bestehen. So kommen zum Beispiel alte Skispuren wieder zum Vorschein.
Abb. 2: Nach einem Föhnereignis mit viel Verfrachtung kommen alte Skispuren wieder zum Vorschein.
Weitere Entwicklung
Während der nächsten Tage steigt die Nullgradgrenze untertags bis auf ca. 2500 m. Zudem ist in der Nacht oft eine hohe Schichtbewölkung vorhanden, die das Auskühlen der Schneedecke verhindert. In der Nacht auf Freitag scheint derzeit die stärkste Auskühlung möglich zu sein. Durch Saharastaub, der aus dem Süden bis zu uns transportiert wird, wird die Wolkenbildung zudem verstärkt.
Bei den hohen Temperaturen verfestigen sich ältere Triebschneeansammlungen schnell. Jedoch fallen bis Freitagmorgen noch 10 bis 15 cm Neuschnee (nach Osten hin weniger). Direkt am Alpenhauptkamm kann es auch noch das ganze Wochenende immer wieder leicht schneien. Am Montag ist dann wieder Schnee bzw. Regen im ganzen Land möglich. Das heißt, es können sich in der Höhe laufend frische Triebschneeansammlungen bilden. Je länger abseits des Alpenhauptkamms die Phase mit Föhn ohne Niederschlag andauert, desto weniger Schnee bleibt verständlicherweise zum Verfrachten über. Der Föhnhöhepunkt wird in der Nacht auf Montag erwartet, danach schwächt sich der Wind deutlich ab und dreht auf West.
Abb. 3: 5-Tagesprognose am Tenneck (oben) und am Rauriser Hohen Sonnblick (unten). Nördlich des Alpenhauptkamms wird weniger Niederschlag und eine höhere Nullgradgrenze erwartet.
Abb. 4: Der stürmische Südföhn reicht vom Alpenhauptkamm bis in die Kalk- und Voralpen. In der Nacht auf Montag erreicht der Föhn seinen Höhepunkt.
Fazit: Um eine Skitour mit guten Schneebedingungen zu finden, sind in den kommenden Tagen also eine gute Gebietskenntnis und auch eine Portion Glück gefragt. Wir freuen uns wie immer über jegliche Rückmeldungen (Tourenportal, SNOBS, Mail)
Rückblick mit Bildern aus dem Tourenportal
Abb. 5: Am Samstagvormittag, 23.03., herrschten noch Firnbedingungen an der Stuhllochscharte (Foto: Bernadette Höring)
Abb. 6: Auch an der Schwalbenwand konnte man nach einer längeren Tragepassage noch Firn genießen (Foto: Uta Philipp, 23.03.2024)
Abb. 7: Und auch steile Abfahrten, wie am Kuhfeldhörndl, waren bei stabilen Bedingungen machbar (Foto: Klaus Einmayr, 23.03.2024)
Abb. 8: Nach dem Schneefall vom Wochenende konnte man zum Beispiel am Weißeck Pulver finden (Foto: SteepSkiMichael, 25.03.2024)
Abb. 9: Auch in den Leoganger Steinbergen war es pulvrig (Foto: Reisecker Michael, 25.03.2024)
Abb. 10: Ab Dienstag, 26.03., wehte dann vielerorts schon stürmischer Südföhn. Peter Bruckbauer war dennoch am Hengst unterwegs…
Abb. 11: …und auch Georg Abler trotzte am Kleinen Pleißlingkeil dem Föhn.
Veronika Krieger hat Maschinenbau und Meteorologie studiert und arbeitet seit 2021 im Team der GeoSphere Austria in Salzburg. Schon von Kindesbeinen an hat Veronika viel Zeit in den Bergen verbracht - im Sommer am Fels, im Winter auf Eis und Schnee. Sie war Mitglied des DAV Expedkaders 2016 und ist seit Jahren Beobachterin und Wochenberichtsautorin des bayerischen Lawinenwarndienstes. Seit der Wintersaison 2022/23 arbeitet sie als Lawinenprognostikerin im Team des Lawinenwarndienstes Salzburg.