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Erhöhte Lockerschneeaktivität und etwas frischer Triebschnee in den Hochlagen

Zwischen Donnerstagnacht und Samstagvormittag erwarten wir im Hochgebirge verbreitet 20 cm, vereinzelt bis zu 30 cm Neuschnee. Vielerorts wird der Neuschnee auf einer feuchten Altschneedecke abgelagert. Durch den Neuschnee erwarten wir umfangreiche Lockerschneeaktivität. Lawinen bleiben meist klein bis mittelgroß. Aus höher gelegenen, schneereichen Einzugsgebieten können Lockerschneelawinen die durchnässte Altschneedecke mitreißen und gefährliche Größe erreichen. Im Hochgebirge sind vereinzelt auch trockene Schneebrettlawinen im frischen Triebschnee möglich. Triebschneeansammlungen stabilisieren sich rasch.

Rückblick

Die Schneedecke wurde durch die milden Temperaturen und durch die Sonneneinstrahlung auch nordseitig bis auf über 3000 m feucht. Durch die teils eingeschränkte Abstrahlung in der Nacht konnte sich auch in den Hochlagen kein bzw. nur ein geringmächtiger Schmelzharschdeckel ausbilden. Die Nassschneeaktivität hat bereits am frühen Vormittag zugenommen. 

Abb.1: Die Schneedecke wurde in der vergangenen Woche auch nordseitig bis auf über 3000 m feucht. Mangels Abstrahlung in der Nacht konnte sich bis in hohe Lagen kein oder nur ein sehr geringmächtiger Schmelzharschdeckel ausbilden (©Dietmar Steiner).

Dort, wo der Schnee der letzten Kälteperiode Mitte bis Ende April fiel auf aperen Boden fiel, konnten viele kleine bis mittelgroße Gleitschneelawinen beobachtet werden. Die allermeisten dieser Bereiche sind nun bereits wieder ausgeapert bzw. haben sich entladen.

Abb. 2: Gleitschneeaktivität konzentrierte sich großteils auf vormals aperen Böden, wie hier in der Osterhorngruppe (©Helmut Eichholzer).

Vergangenen Samstag (27.04.) setzte am Alpenhauptkamm wieder starker bis stürmischer Südföhn ein. Am Samstag und Sonntag konnten sich dabei vor allem hochalpin, kleinräumig störanfällige Triebschneeansammlungen bilden. Südexponierte Hänge wurden bereits am Wochenende rasch angefeuchtet und das Verfrachtungspotenzial nahm ab. Zudem stabilisierten sich die Triebschneeansammlungen durch die milden Temperaturen und die Sonneneinstrahlung rasch.

Abb.3: Die Föhnwalze über dem Alpenhauptkamm und die diffuse Sicht durch die Schneeverwehungen im Bereich der Gipfel letzten Samstag (27.04.) zeigt, dass der Südföhn zumindest letztes Wochenende noch etwas Schnee verfrachten konnte (©Dietmar Steiner).

Die Schneehöhe nahm in der letzten Woche wieder rapide ab. Auf 2300 m zeigen die Stationen eine Abnahme der Gesamtschneehöhe von rund 50 cm zwischen 27.04. und 02.05.

Abb.4: Eine Schneedeckenuntersuchung an einem Nordhang auf 2670 m in der Venedigergruppe zeigt, dass auch Schattenhänge bis weit (rund 2800 m) hinauf verbreitet bereits isotherm sind und die Schmelzumwandlung das Geschehen in der Schneedecke dominiert.

Ausblick

Von Donnerstagnacht (02.05.) bis Samstagvormittag fallen verbreitet 20 cm und in den Hochlagen der Nordalpen bis 30 cm Neuschnee, mit mäßigem Wind aus meist westlichen Richtungen. Die Schneefallgrenze schwankt dabei um rund 1700 m.

Abb. 5: Akkumulierte Neuschneemenge von Donnerstag (02.05) bis Samstag.

Im Laufe des Samstags zeigt sich immer wieder die Sonne und der Neuschnee erfährt den ersten Erwärmungsimpuls. Es ist zu erwarten, dass es am Samstag und auch am Sonntag wieder zu erhöhter Lockerschneelawinenaktivität kommt. In den meisten Fällen wird der Neuschnee auf der feuchten Altschneedecke abrutschen und kleine bis mittelgroße spontane Lawinen aus extrem steilen Gelände produzieren. Lawinen aus hoch gelegenen (> rund 2800 m), schneereichen Einzugsgebieten können in der Sturzbahn in eher selten Fällen die durchnässte Altschneedecke mitreißen und gefährlich groß werden. An hoch gelegenen Schattenhängen (v.a. N-NO über 2800 m) sind auch Lawinen innerhalb der frischen Triebschneeansammlungen möglich. Es ist zu erwarten, dass sich der Neuschnee mit dem Altschnee großteils gut verbindet und die Störanfälligkeit von Schwachschichten innerhalb der Triebschneeansammlungen rasch wieder abnimmt.
Die Gleitschneeaktivität hat sich wieder in höhere Lagen zurückgezogen. Gleitschneelawinen zwischen 2200 m und 2800 m können aber nach wie vor mittlere Größe erreichen und es gilt nach wie vor die Empfehlung Bereiche unter Gleitschneerissen zu meiden.

Abb.6: Die 5 Tage-Punktdiagnose vom Sonnblick zeigt, dass der Wind in den Tauern mäßig stark weht und am Wochenende auf westliche Richtungen dreht. Am Samstagmorgen bzw. -vormittag lässt der Niederschlag nach.

Weitere Infos

Wir haben mit 1. Mai den täglichen Lawinenbericht eingestellt.
Im Blog und unter der Nummer +43 (0) 662 8042 2170 stehen wir aber nach wie vor gerne für Auskünfte zur Verfügung.

 


Anna Heuberger ist neu im Team des Lawinenwarndienstes. Durch ihre Ausbildung als Skiführerin und ihr Studium der Alpinen Naturgefahren kennt sie die vielen Facetten von Schnee im alpinen Gelände. Anna hat außerdem nicht nur in den heimischen Bergen Erfahrung in der Gefahrenbeurteilung gesammelt, sondern auch in den Bergen Nord- und Südamerikas.