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Triebschnee und Gleitschnee

In den letzten Tagen hat uns der November bereits mit winterlichen Landschaften und gebietsweise ausreichend Schnee für Geländeabfahrten bis in die Täler beschenkt.  Auf den Bergen ist der starke Windeinfluss der letzten Tage und Wochen schnell ersichtlich. Zu Wochenbeginn war der Triebschnee vielerorts nur schwach gebunden und hat sich dann vor allem im Südsektor und unter 2000 m rasch gesetzt. Der starke Wind begleitet uns weiter und es entstehen neue Triebschneeansammlungen. Dieser Blog behandelt die derzeitigen Lawinenprobleme in Salzburg: Triebschnee und Gleitschnee.

Triebschnee

Aktuelle Situation:

Das große Niederschlagsereignis des vergangenen Wochenendes (24.-26.11.23) wurde von starken bis stürmischen Wind aus vorrangig nordwestlicher Richtung begleitet. Am Montag hat der Wind etwas nachgelassen und die Windrichtung hat kurzzeitig auf SO gedreht.

Abb.1: Die Messstation am Aberg in Maria Alm zeigt, dass der Wind aus WNW bis Montag stark bis stürmisch war und dann am Montag kurzzeitig nachgelassen hat und auf SO gedreht hat.

Durch den verbreitet nur mäßig gebundenen Schnee vom Wochenende konnten auch am Montag noch Windverfrachtungen an windexponierten Lagen beobachtet werden, die kleine Triebschneeansammlungen an NW exponierten Hängen bildeten.

Abb.2: Schneefahnen in Sportgastein am Montag. ©LWD Salzburg

Vorrangig ist die Lawinengefahr Triebschnee jedoch weiterhin auf ost-, süd- und nordexponierten Hängen anzutreffen. Mit dem starken Südföhn am Donnerstag bilden sich vor allem an nordexponierten Hängen frische Triebschneeansammlungen. 

Abb.3: Das Lawinengefahrensymbol Triebschnee und die dazugehörige Windrose mit Einfärbung gefährdeter Expositionen.

Derzeit sind Triebschneeansammlungen meist noch erkennbar. Windzeichen verraten wo der Schnee mehrheitlich abgelagert wurde. Im Bereich des Triebschnee-Symbols sind im Lagebericht von heute, 29.11. noch folgende Spezifizierungen angegeben:

  • Kammfern: durch die hohen Windgeschwindigkeiten der letzten Tage wurden die Schneekristalle vom Wind von der Schneeoberfläche gefegt und über längere Strecken mitgetragen (Suspension). Das heißt zum einen, dass sie über eine größere Fläche verteilt abgelagert wurden. Zum anderen sind sie fernab von der Stelle, wo sie vom Wind aufgegriffen wurden, anzutreffen.
  • Hinter Geländekanten/in Rinnen und steilen Mulden: Diese Geländeformen sind typische Ablagerungsbereiche von Triebschnee.

Faktoren der Triebschneebildung

Drei Faktoren die den Windtransport des Schnees maßgeblich beeinflussen sind Windgeschwindigkeit, die Härte der Schneeoberfläche und die Topographie. Wenn die Schneeoberfläche ungebunden oder nur mäßig gebunden ist (filzige oder Neuschneekristalle an der Oberfläche), sind mäßige Windgeschwindigkeiten von 25-40 km/h die optimalen Bedingungen für die Bildung von Triebschneeansammlungen. Leichter Wind (1-25 km/h) transportiert weniger Schnee und Wind über 40 km/h führt oft dazu, dass der Schnee über eine größere Fläche verteilt abgelagert wird (weniger konzentriert) und dass ein Teil der Schneekristalle in die Atmosphäre sublimiert.

Unterscheidung zu anderen Lawinenproblemen

Lawinenprobleme und die dazugehörigen Symbole sind in der Lawinenwarnung ein wichtiges Kommunikationsmittel und sind mit Verhaltensempfehlungen verknüpft. Triebschnee wird immer dann als Lawinenproblem definiert, wenn die resultierende Lawinenart ein Schneebrett ist und die Gefahrenstellen im Gelände erkennbar sind. Wenn die Triebschneeansammlungen durch Schnee überdeckt werden und nicht mehr zu erkennen sind, wird im Lagebericht abhängig von der Schwachschicht ein Neu- oder Altschneeproblem kommuniziert.

Gleitschnee

Aktuelle Situation

Vielerorts war der vergangene Herbst der wärmste der Messgeschichte. Für die Lawinenvorhersage ist das besonders hinsichtlich von Gleitschneelawinen relevant. Bei dieser Lawinenart gleitet die gesamte Schneedecke auf glattem Untergrund wie zum Beispiel Grashängen oder glatten Felsenzonen ab.

Derzeit ist in allen Exposition und Höhenlagen, vermehrt unterhalb der Waldgrenze, mit Gleitschneelawinen aus extrem steilem Grasmattengelände zu rechnen.

Abb.4: Das Lawinengefahrensymbol Gleitschnee und die dazugehörige Windrose mit Einfärbung gefährdeter Expositionen.

Faktoren für die Bildung von Gleitschneelawine

Der Auslösemechanismus von Gleitschneelawinen ist klar vom Auslösemechanismus von Schneebrettlawinen zu unterscheiden. Gleitschneelawinen treten auf, wenn zwischen Schneedecke und Boden freies Wasser verfügbar ist. Bei geringer Oberflächenrauigkeit (Gras oder glatter Fels) und ausreichender Neigung wirkt das Wasser als Gleitschicht, die Reibung zwischen Schneedecke und Boden wird reduziert und die gesamte Schneedecke gleitet am Boden ab. Die Verfügbarkeit von freien Wasser wird begünstigt, wenn der Boden zum Zeitpunkt des Einschneiens noch viel Wärme gespeichert hat. Das war dieses Jahr der Fall. Generell treten Gleitschneelawinen häufig an denselben Orten im Gelände auf.

Abb. 5: Kleine Gleitschneelawine mit darüber liegendem Fischmaul an der Grießnerspitze im Lungau. Besten Dank für die Fotos © Gerhart Bayr

Die Herausforderung beim Umgang mit Gleitschneelawinen liegt darin, dass sie so gut wie nicht vorhergesagt werden können und in den meisten Fällen nicht künstlich ausgelöst werden können. Die einzigen Indikatoren in der Vorhersage sind Gleitschneerisse (Fischmäuler) (Abb. 5) und historisches Wissen über besonders gefährdete Bereiche. Gleitschneelawinen können aber auch ohne vorhergehende Gleitschneerisse abgleiten. Vermehrt treten sie bei Wärme- und/oder Regeneintrag auf, sie können aber auch bei kalten Temperaturen ohne Strahlungseintrag abgehen. Generell können sie auch nicht durch Zusatzbelastung (Skifahrer oder Sprengung) initiiert werden. In der Prävention wird meist die Oberflächenrauigkeit durch das Errichten von Gleitschneeböcken erhöht. Experimentiert wird auch mit dem Einleiten von Wasser in das Gleitschneemaul um die Auslösung zu beschleunigen.

Abb. 6: Gleitschneemäuler am Klemerbrettkopf im Februar 2023. Großteils sind die Gleitschneelawinen bereits abgegangen aber bei manchen hat sich erst ein Gleitschneemaul gebildet- ein Gefahrenzeichen. © LWD Salzburg

Unterscheidung zu anderen Lawinenproblemen

Gleitschneelawinen sind meist auch aus der Ferne einfach zu erkennen, weil die Schneedecke immer direkt am Boden abgleitet und darunter Gras oder weniger häufig Fels zu sehen ist. Auch der bogenförmige Anriss ist charakteristisch. Bei Schneebrettlawinen ist der Anriss hingegen immer linienförmig. Die Verhaltensempfehlung bei Gleitschnee lautet, sich nicht unter Fischmäuler aufzuhalten.

Abb. 7: Kleine Gleitschneelawinen am Faistner Schafberg bei geringer Schneedeckenmächtigkeit. © Hans Altmann

Abb. 8: Kleine Gleitschneelawine an der Wabenspitze im Lungau. © Gerhart Bayr

Zum Ende wie immer eine Bitte: Wenn du bereits im Schnee erste Schwünge ziehst, teile deine Eindrücke und Beobachtungen mit uns unter lawine(at)salzburg.gv.at oder mit der gesamten Touren-Gemeinde im Tourenportal der LWDs (https://skitourenportal.eu/salzburg). Neu steht auch die Plattform SNOBS zur Verfügung (https://www.snobs.live/login).

Fotos, Schneeprofile oder andere Beschreibungen können uns wertvolle Hinweise zur aktuellen Situation geben. Danke!

 


 


Anna Heuberger ist neu im Team des Lawinenwarndienstes. Durch ihre Ausbildung als Skiführerin und ihr Studium der Alpinen Naturgefahren kennt sie die vielen Facetten von Schnee im alpinen Gelände. Anna hat außerdem nicht nur in den heimischen Berge Erfahrung in der Gefahrenbeurteilung gesammelt, sondern auch in den Bergen Nord- und Südamerikas.