Aktuelle Situation
Die Schneedecke ist im Juni weiter zurückgegangen, unterhalb von 2200 m liegt kaum noch Schnee. Die Nullgradgrenze lag in den vergangenen Wochen meist über 3000m. Nur Anfang des Monats ist oberhalb von 3000m noch einmal etwas Neuschnee hinzugekommen. Wer weitere Tragestrecken in Kauf nimmt, kann in der Höhe noch immer schöne Firnschwünge genießen.
Abb. 1: Wetterentwicklung seit Anfang Juni am Rauriser Sonnblick (3105m): Deutlicher Rückgang der Schneehöhe aufgrund hoher Temperaturen und Sonneinstrahlung.
Ende Mai wurden große bis sehr große Lawinen im Bereich zwischen 2500m bis 3200m gemeldet. Die Schneedecke ist bis in diese Lagen komplett durchfeuchtet und etwaige Schwachschichten haben sich aufgelöst. In diesem Höhenbereich ist weiterhin auf Gleit- und Lockerschneelawinen und auch auf Wechtenbrüche zu achten.
Abb. 2: Gleitschneelawine am Großvenediger (Foto: Moritz Klein, 09.06.2023).
Oberhalb von 3200m ist es bisher aber zu keiner tiefgreifenden Durchfeuchtung gekommen. Noch gab es ab dieser Höhe keine Meldungen über spontane Lawinen, die tief in der Altschneedecke gebrochen sind. Viele kleine bis mittelgroße oberflächliche Lockerschneelawinen sind zu beobachten gewesen.
Abb. 3: Lockerschneelawinen am Großen Geiger (Foto: Peter Held, 09.06.2023)…
Abb. 4: …und am Großglockner (Foto: Patrick Doppler, 16.06.2023).
Weitere Entwicklung
In den kommenden Tagen steigen die Temperaturen an, die Nullgradgrenze steigt erstmals in diesem Jahr auf über 4000m. Auch Regeneintrag durch Gewitter ist Anfang der Woche bis in hohe Lagen möglich. Damit schreitet die Durchfeuchtung weiter voran. Die Schneedecke über 3200m wird erstmalig komplett durchfeuchtet. Schwachschichten in der Altschneedecke werden durch eindringendes Wasser geschwächt, wodurch sich spontane, teils große Schneebretter lösen können. Die Gebiete für eine Auslösung sind also auf die höchsten Berge im Salzburger Land beschränkt, dort können Lawinen aber auch bis in tiefere Lagen auslaufen. Für Touren bedeutet dies weiterhin klare Nächte abwarten, in denen die Schneedecke abstrahlen und damit abkühlen kann. Ein rechtzeitiger Aufbruch und eine frühe Rückkehr minimiert das Risiko spontanen nassen Lawinen ausgesetzt zu sein.
Abb. 5: Wetterentwicklung in den nächsten 5 Tagen am Rauriser Sonnblick (3105m). Bis Dienstag steigt die Schneefallgrenze bis über 4000m an, Regeneintrag kann die Schneedecke bis in hohe Lagen schwächen.
Rückblick
Ein kurzer Rückblick der vergangenen Tage und Wochen in Bildern.
Abb. 6: Der Sommer setzt dem Schnee zu. (Foto: Leonhard Stock, 14.06.2023).
Abb. 7: Die Schneedecke um die Neue Thüringer Hütte im Habachtal ist nicht mehr geschlossen. (Foto: Michael Saller, 11.06.2023).
Abb. 8: Auch im Tennengebirge geht die Schneedecke schnell zurück, hier der Stand vor knapp zwei Wochen (Foto: Helmut Eichholzer, 03.06.2023).
Abb. 9: In der Höhe, wie hier an der Klockerin, findet man noch gute Skiverhältnisse (Foto: die kumbergler, 03.06.2023).
Abb. 9: Auch nordseitig am Hocharn war Firn zu finden. Die alten Lockerschneelawinen zeugen vom tageszeitlichen Aufweichen der Schneedecke (Foto: Uta Philipp, 03.06.2023).
Abb. 11: Auch etwas tiefer konnte man vor zwei Wochen noch Sommerfirn antreffen. Hier am kleinen Bratschenkopf (Foto: Bernadette Höring, 03.06.2023) …
Abb. 12: … und bei der Abfahrt von der Keuchenscharte in Gasteiner Tal (Foto: Gerd Frühwirth, 03.06.2023).
Veronika Krieger hat Maschinenbau und Meteorologie studiert und arbeitet seit 2021 im Team der GeoSphere Austria in Salzburg. Schon von Kindesbeinen an hat Veronika viel Zeit in den Bergen verbracht - im Sommer am Fels, im Winter auf Eis und Schnee. Sie war Teil des DAV Expedkaders 2016 und ist seit Jahren Beobachterin und Wochenberichtsautorin des bayerischen Lawinenwarndienstes. Seit der Wintersaison 2022/23 arbeitet sie als Lawinenprognostikerin im Team des Lawinenwarndiensts Salzburg.