Es sieht langsam wieder nach Winter aus. Denn nach einer langen Hochdruckphase stellt sich allmählich winterliches Wetter ein. Doch was bedeutet das für die Lawinensituation?
Temperaturrückgang und Schneefall im Tal
Die Temperatur ging in den letzten Tagen stetig zurück und kühle Temperaturen bleiben uns auch weiterhin erhalten. Während in den vergangenen Tagen aufgrund fehlender markanter Fronten der Schneefall nur gering ausfiel, ändert sich das in der nächste Woche durch Tiefdruckeinfluss. In der Höhe sind für nächste Woche gut 20 cm Neuschnee prognostiziert und auch in den Tälern reicht es oft für einige Zentimeter.
Abb. 1: Unsere Lawinenstationen in der Höhe zeigen einen Rückgang der Nullgradgrenze und nur geringen Schneefall. Durch die Inversionswetterlage fielen die Temperaturen in den Tälern allerdings teilweise ebenfalls unter 0 °C.
Abb. 2: Sowohl am Berg (Kitzsteinhorn Alpincenter, 2400 m), als auch im Tal (Bischofshofen, 550 m) ist in der nächsten Woche Schneefall prognostiziert.
Frühwinter kann Weichen für Lawinenprobleme im Winter stellen
Bereits der Winterstart kann die Grundlage für Lawinenprobleme schaffen, die uns später den gesamten Winter über begleiten. Deshalb ist es wichtig, die Entwicklung der Schneedecke von Beginn an zu verfolgen und sich der Ausgangslage zu Winterbeginn bewusst zu sein. Typische Fragen, die wir uns stellen sind z. B. „Wo ist schon eine Schneedecke vorhanden?“, „Welche Eigenschaften hat der Untergrund, auf dem der Schnee zu liegen kommt?“, „Was könnte also zu einem Problem führen?“.
Nach dem kurzen Wintereinbruch im September hat der milde Herbst den Schnee wieder weitgehend verdrängt. Nur oberhalb von ca. 2800 m bzw. 2500 m nordseitig konnte sich nennenswert Schnee halten. Die Schneedecke ist dort von Krusten durchzogen. An Stellen mit geringmächtiger Schneedecke, könnte sich durch einen starken Temperaturgradienten eine Schwachschicht ausgebildet haben. Hier könnte also ein bereits Altschneeproblem vorhanden sein. Für eine fundiertere Aussage fehlen uns jedoch derzeit noch die Rückmeldungen.
Dieses potenzielle Problem zeigt jedoch, dass die Lawinengefahr im Frühwinter nicht unterschätzt werden darf. Eine geringmächtige Schneedecke führt nicht automatisch zu einer geringen Lawinengefahr!
Abb. 3: Es liegt deutlich weniger Schnee als 2023 (rechts), das Webcambild von Mitte der Woche (links) zeigt, wo Altschneereste vorhanden sind.
Durch den frühen Wintereinbruch im September könnte uns auch ein weiteres Lawinenproblem durch den Winter begleiten. Aufgrund des Wetters war der diesjährige Almabtrieb recht früh. In Kombination mit dem folgenden milden Herbst steht das Gras auf den Almen derzeit vergleichsweise hoch. Umgelegte Grashalme begünstigen das Abgleiten von Schnee. Im Gegensatz zu diesem begünstigenden Faktor für Gleitschneelawinen wirkt eine stetige Temperaturabnahme ohne massiven Schneefall – wie in den vergangenen Tagen – eher abschwächend für ein potenzielles Gleitschneeproblem während der kommenden Wintersaison. Anders als z. B. vergangene Saison hat der Boden dadurch die Möglichkeit auszukühlen, bevor er von der Winterschneedecke bedeckt wird. Einmal eingeschneit hat der bereits ausgekühlte Boden dann weniger verbleibende Energie bzw. Wärme, die er noch in Richtung der Schneedecke abstrahlen kann, wodurch die Schneedecke in Bodennähe weniger stark angefeuchtet wird.
Abb. 4: Gleitschnee, auch dieses Jahr ein anhaltendes Problem?
Natürlich darf bei Schneefall mit Wind auch das Triebschneeproblem nicht vergessen werden. Im Gegensatz zu den anderen beiden Problemen kann dieses Problem aber gut erkannt werden und dadurch umgangen werden.
Zum Winterstart bietet sich hier ein kleiner Exkurs zum Umgang mit den Lawinenproblemen an, Details findet ihr unter https://lawine.salzburg.at/infos/lawinenprobleme
Abb. 5: Problemerkennung und Verhaltensempfehlung unterscheiden sich für die verschiedenen Lawinenprobleme.
Wir wünschen allen Leser*innen einen schönen Winterstart!
Veronika Krieger hat Maschinenbau und Meteorologie studiert und arbeitet seit 2021 im Team der GeoSphere Austria in Salzburg. Schon von Kindesbeinen an hat Veronika viel Zeit in den Bergen verbracht - im Sommer am Fels, im Winter auf Eis und Schnee. Sie war Mitglied des DAV Expedkaders 2016 und ist seit Jahren Beobachterin und Wochenberichtsautorin des bayerischen Lawinenwarndienstes. Seit der Wintersaison 2022/23 arbeitet sie als Lawinenprognostikerin im Team des Lawinenwarndienstes Salzburg.