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Erneuter Wintereinbruch in den Hochlagen

Aktuelle Situation

Viel Neuschnee in hohen Lagen führte seit gestern Mittwoch, 10.05., zu einem Anstieg der Gefahr von trockenen Lawinen. Im Westen des Landes sind seit gestern 40 bis 60 mm Niederschlag gefallen, lokal auch etwas mehr. Bei Eintreffen der Kaltfront lag die Schneefallgrenze bei etwa 2000m, danach sank sie rasch ab, Donnerstagmittag lag sie bei etwa 1300m. Oberhalb von 2000m ist der gesamte Niederschlag also in Form von Schnee gefallen – im Westen kann man mit rund 40 bis 60 cm Neuschneezuwachs rechnen, im Osten mit etwas weniger – in den Hauptniederschlagsgebieten (in den Hochlagen der westlichen Hohen Tauern) auch mit bis zu 80 cm Schnee. Der Wind ist und bleibt über das Niederschlagsereignis hinweg nur schwach, Verfrachtungen sind - wenn überhaupt - nur in kammnahen, exponierten Lagen am Alpenhauptkamm ein Thema.

Abb. 1: Niederschlagsverteilung in Millimeter seit Niederschlagsbeginn am Mittwochvormittag, 10.05. Im Westen des Landes sind recht verbreitet 40 bis 60 mm Niederschlag gefallen – im Osten weniger. 1 Millimeter Niederschlag kann in der Höhe etwa mit 1 Zentimeter Schnee gleichgesetzt werden.

 

Abb. 2: Bis Donnerstagmittag fielen an der Kürsinger Hütte 50cm Neuschnee ohne Wind (Foto: Andreas Schlick, 11.05.2023).

 

Abb. 3: Viel Neuschnee, wenig Wind am Alpincenter (2450m) am Kitzsteinhorn. Mit Einzug der Kaltfront sind auch die zunächst milden Temperaturen deutlich abgesunken. Der Niederschlag lässt am Donnerstagabend, 11.05., nach.

 

Der Schnee wurde auf eine stark von Wärme gekennzeichnete, nasse Altschneedecke abgelagert. Die Verbindung von Neu- und Altschnee ist daher vermutlich meist gut. Günstig im Hinblick auf die Lawinengefahr ist auch das Ausbleiben von Wind während des Frontdurchzugs. Nach dem Abfallen der Temperatur ist diese am Donnerstag, 11.05., im Tagesverlauf wieder etwas angestiegen, was eine etwas bessere Bindung des kürzlich gefallenen Schnees auf etwas kälterem, lockeren Schnee zur Folge haben könnte. Grundsätzlich haben wir es mit einer Neuschneeproblematik zu tun, die Gefahrenstellen sind nicht erkennbar und etwas Zurückhaltung ist auch in Anbetracht der hohen Unsicherheiten (kaum Rückmeldungen aus dem Gelände) angebracht. Achtet auf Gefahrenzeichen wie Rissbildung oder mögliche Windzeichen in Kammnähe.

Weitere Entwicklung

Am Freitag bleibt das Wetter meist bewölkt, Schnee kommt nur mehr wenig dazu. Ab und an kann sich die Sonne kurz zeigen. Bei Sonneneinstrahlung und tageszeitlicher Erwärmung morgen, Freitag 12.05. – spätestens aber am Samstag, 13.05.  – sind aus extrem steilem Gelände (>40°) zahlreiche kleine und mittlere spontane Lockerschneelawinen zu erwarten. Auch kann mit dem Wärmeeintrag die Bindung des Schneebretts kurzzeitig etwas besser werden und dadurch die Auslösewahrscheinlichkeit von Schneebrettlawinen etwas zunehmen. Vor allem hochalpin (>3000m) ist die Gefährdung aufgrund der möglichen Ausbildung einer kantigen Schwachschicht an der Grenzfläche zwischen Neu- und Altschnee etwas höher. An steilen (bereits aperen) Wiesenhängen sind spontane Gleitschneelawinen möglich.

In der Nacht auf Samstag, 13.05. kommt zudem mäßig bis starker Südwind auf, welcher an hochalpinen Schattenhängen zu teils umfangreichen Triebschneeansammlungen führt.

 

Abb. 4: Prognostizierte Neuschneesumme an der Station Sonnblick (3105m). Der Schneefall klingt am Donnerstagabend ab, am Wochenende ist kein weiterer markanter Schneefall zu erwarten.

 

Abb. 5: Prognostizierte Neuschneesumme bis Sonntag, mit Betrachtung der Setzung. Durch Sonneneinstrahlung und wärmeren Temperaturen geht die Neuschneesumme wieder zurück.

 

Abb. 6: Wetterentwicklung in den kommenden Tagen an der Franz-Josefs-Höhe (2369m). Wieder etwas höhere Temperaturen und Sonneneinstrahlung, zunehmender Wind am Samstag.

 

Ankündigung in eigener Sache

Der Salzburger Lawinenwarndienst lädt zum traditionellen Saisonausklang, in dessen Rahmen auch die Preisverleihung zum Fotowettbewerb des Skitourenportals stattfindet.

Die Veranstaltung findet am Freitag, den 12. Mai 2023 um 18.30 Uhr im Saal der Salzburger Nachrichten, Karolingerstraße 40, 5021 Salzburg statt.

Aus dem riesigen Fundus an Beiträgen wurden die besten Bilder und Tourenberichte der Saison 2022/23 ausgewählt. Auf die besten Beiträge warten wieder wertvolle Sachpreise - bereitgestellt von unseren Kooperationspartnern aus der Wintersportbranche. Darüber hinaus werden bei der Veranstaltung viele Preise live unter allen Anwesenden verlost.

Das Team des Salzburger Lawinenwarndienstes freut sich sehr auf Euer/Ihr zahlreiches Kommen! Aus organisatorischen Gründen bitten wir um Voranmeldung. Entweder per E-Mail an kat-schutz(at)salzburg.gv.at oder ganz einfach telefonisch unter 0662/8042-2037.

 

Rückblick

Ein kurzer Rückblick der vergangenen Tage in Bildern.

Abb. 7: Nasses Schneebrett ausgelöst durch Sprengung am Brennkogel (Foto: LWK Großglockner Hochalpenstraße, 05.05.2023).

 

Abb. 8: Regen und Wärme haben die Schneedecke bis in hohe Lagen durchfeuchtet. Nasse Lockerschnee- und Gleitschneelawinen am Wiesbachhorn (Foto: Dietmar Steiner, 05.05.2023).

 

Abb. 9: Nassschneelawinen aus steilem Gelände erreichen den Talboden, Mitterkar, Obersulzbachtal. (Foto: Tatjana Gugganig).

 


 


Matthias Walcher ist Lawinenprognostiker im Team des operativen Lawinenwarndienstes Salzburg bei der Geosphere Austria. Neben der Verfassung von Lawinenvorhersagen und Blogeinträgen arbeitet er mit benachbarten Warndiensten an diversen Projekten im Fachbereich. In seiner Vergangenheit hat Matthias bereits für verschiedene europäische Warndienste gearbeitet, in Nord- und Südamerika Erfahrungen gesammelt und ist heute auch privat noch in verschiedenen Institutionen aktiv.

Veronika Krieger hat Maschinenbau und Meteorologie studiert und arbeitet seit 2021 im Team der GeoSphere Austria in Salzburg. Schon von Kindesbeinen an hat Veronika viel Zeit in den Bergen verbracht - im Sommer am Fels, im Winter auf Eis und Schnee. Sie war Teil des DAV Expedkaders 2016 und ist seit Jahren Beobachterin und Wochenberichtsautorin des bayerischen Lawinenwarndienstes. Seit der Wintersaison 2022/23 arbeitet sie als Lawinenprognostikerin im Team des Lawinenwarndienst Salzburg.