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Geringe Lawinengefahr

Aktuelle Situation

Sowohl aus skifahrerischer als auch aus lawinentechnischer Sicht kann derzeit auf Salzburgs Bergen von recht günstigen Verhältnissen gesprochen werden.

Eine geringe Gefahr geht derzeit noch von kleinen Triebschneeansammlungen aus, welche an sehr steilen (>35°), kammnahen Schattenhängen oberhalb von rund 2400m vereinzelt von einzelnen Wintersportler*innen ausgelöst werden können. Die Gefahrenstellen sind recht überschaubar und bei guter Sicht auch erkennbar. Die Mitreißgefahr überwiegt die Gefahr verschüttet zu werden – Vorsicht daher insbesondere im absturzgefährdetem Gelände, z.B. im oder oberhalb von felsdurchsetztem Gelände.


Abb. 1: Dieses kleine Triebschneebrett auf rund 2200m unterhalb des Keeskogels (2886m) in Großarl wurde am Donnerstag, 02.03. von abfahrenden Skifahrern ausgelöst. An kammnahen, schattigen Steilhängen sind solche Gefahrenstellen auch am kommenden Wochenende vereinzelt noch anzutreffen. Im absturzgefährdetem Gelände kann schon eine kleine Lawine große Konsequenzen mit sich bringen (Foto: Florian Sergl, 02.03.2023).
 

Die im Hinblick auf die Schneequalität besten Bedingungen finden sich derzeit an schattigen und eher windgeschützten Hängen oberhalb von etwa 1800m. Sonnseitig hat sich hingegen vielerorts bereits ein (nicht tragfähiger) Schmelzharschdeckel gebildet. Exponierte Geländepartien (insb. in den typischen Föhngebieten) sind oft abgeblasen oder windbeeinflusst. Unterhalb der Waldgrenze liegt an Sonnenhängen kaum Schnee, auch an Schattenhängen muss man hier zumeist mit Bodenkontakt rechnen.


Abb. 2: Im Vergleich zum langjährigen Mittel sind die Schneehöhen weiterhin verbreitet unterdurchschnittlich. Besonders unterhalb und im Bereich der Waldgrenze liegt oft wenig Schnee. Wie im Bild auf der Loibersbacher Höhe (1529m) in der Osterhorngruppe, ist dort das gewachsene Gelände unterhalb der Schneedecke meist noch gut erkennbar, bei der Abfahrt mit den Skiern gar zu oft auch noch spürbar (Foto: Nani Klappert, 02.03.2023).
 


Abb. 3: Oberhalb der Waldgrenze ist die Schneebedeckung besonders an Schattenhängen etwas besser. Dort lässt sich in geschützten Bereichen zudem auch schöner Pulverschnee finden, wie hier am Fritzerkogel (2360m) im Tennengebirge (Foto: LWD Salzburg, 28.02.2023). 
 


Abb. 4: Gemeinsame Geländeerkundung mit dem Lawinenwarndienst Tirol im Bereich der Amertaler Höhe (2841m) in den Hohen Tauern. Schneedeckenuntersuchungen bezeugen derzeit eine verbreitet stabile Schneedecke. An der Schneeoberfläche kann mancherorts Oberflächenreif angetroffen werden (Foto: LWD Tirol, 01.03.2023).
 

Kurzer Rückblick

Eine Kaltfront hat am vergangenen Wochenende für einen markanten Wetterumschwung gesorgt und den Winter auf Salzburgs Bergen zurückgebracht. Die Temperaturen sind in der Nacht auf Samstag, 25.02. deutlich zurückgegangen und es hat bis in die Tallagen geschneit. Vor allem in den Nordalpen ist dabei einiges an Neuschnee hinzugekommen. Begleitet wurde das Niederschlagsereignis von mäßig bis starkem Nordwind.

Die Altschneeoberfläche vor den Niederschlägen war verbreitet unregelmäßig, rau und meist hart – also eine günstige Unterlage für den darauf abgelagerten Neuschnee. Schwachschichten waren somit überwiegend nur innerhalb des Neu- und Triebschneepaketes – in Form von lockerem Neuschnee oder Graupel – möglich. Mit dem Wind aus nördlichen, ab Mittwoch, 01.03. südlichen Richtungen bildeten sich immer wieder kleine, störanfällige Triebschneepakete. Mit Sonneneinstrahlung und ab Dienstag wieder etwas milderen Temperaturen kam es an extrem steilen (>40°) Sonnenhängen zudem zu kleinen spontanen Lockerschneelawinen.


Abb. 5: An der Wetterstation bei der Gottschallalm in Obertauern sind am Samstag, 25.02. etwa 30 cm Neuschnee gefallen. Die Temperaturen sind während des Durchzugs der Kaltfront deutlich gefallen. An der Grafik ebenfalls sehr gut erkennbar ist der während des Niederschlags mäßige Nordwind sowie der starke Südföhn ab Dienstag, 28.02.
 


Abb. 6: Neuschneesumme zwischen Freitag, 24.02. Montag, 27.02.2023. Die dargestellten Mengen sind etwas niedriger als die tatsächlich gemessenen. Vor allem in den Nordalpen haben unsere Beobachter oberhalb 2000m gebietsweise 50cm und mehr Neuschnee gemeldet. Dies liegt v.a. an der geringen Dichte des Neuschnees, welcher bei recht kalten Temperaturen gefallen ist.
 


Abb. 7: Der teils starke Nordwind hat in exponierten Bereichen Schnee verfrachtet und diesen windabgewandt (im Lee) abgelagert... (Hochthron, 1853m; Foto: LWD Salzburg, 28.02.2023)
 


Abb. 8: ...dort bildeten sich kleinräumige, meist geringmächtige Triebschneepakete. Als Schwachschicht diente meist kurz zuvor - bei geringem Windeinfluss - gefallener, ungebundener Neuschnee. Neuschnee als Schwachschicht ist kurzlebig und ist (in den allermeisten Fällen) bereits nach wenigen Tagen nicht mehr störanfällig (Fritzerkogel, 2360m; Foto: Christoph Lindenthaler, 28.02.2023).
 


Abb. 9: Am Schareck (3123m) in der Goldberggruppe an der Grenze zu Kärnten kam es am Dienstag, 28.02. an einem sehr steilen Nordosthang auf etwa 2500m zwischen Schlapperebenkees und Schlapperebenkar (Gletscherauge) zu einem Lawinenabgang mit Personenbeteiligung. Ein einzelner Variantenfahrer löste im unteren Bereich der Rinne das mittelgroße Schneebrett aus und wurde mitgerissen. Er wurde nicht verschüttet und blieb unverletzt.
 


Abb. 10: Der Anriss der Lawine betrug etwa 30m, die Länge in etwa 100m. Die Anrissmächtigkeit variierte stark und belief sich bis zu maximal 100cm. In den Stunden vor dem Unfall wurde durch den Südföhn Triebschnee vom Schlapperebenkees in die Rinne und den darunterliegenden Hang eingetragen. Als Schwachschicht diente vermutlich einerseits Neuschnee, andererseits kantige Kristalle an der Altschneeoberfläche (Foto: Gerhard Kremser, 28.02.2023).
 


Abb. 11: Winterlicher Ausblick vom Hohen Göll (2522m) am Ostrand der Berchtesgadener Alpen in Richtung Tennengebirge und Dachstein (Foto: Andreas Zauhar, 28.02.2023).
 


Abb. 12: Mandlkogel (2268m), Gosaukamm (Foto: Herbert Rohn, 28.02.2023).
 

Weitere Entwicklung

Bis Mittwoch, 08.03. ändert sich an der Situation vorerst wenig. Mit Ausnahme von morgen Samstag, 04.03. ist es überwiegend bewölkt, Niederschlag gibt es aber kaum. Die Temperaturen bleiben winterlich, die Lawinengefahr gering. Am Mittwoch erreicht uns eine Kaltfront, welche v.a. im Nordstau für etwas Neuschnee sorgen könnte. Damit ist in der zweiten Wochenhälfte vermutlich wieder mit einem allmählichen Anstieg der Lawinengefahr zu rechnen.


Abb. 13: In den nächsten Tagen erwarten uns vorerst recht gleichbleibende Verhältnisse. Die Temperaturen gehen leicht zurück, der Wind aus westlichen Richtungen kann in der Höhe vor allem am Samstag und Sonntag - besonders im Bereich des Hauptkammes und im Lungau - unangenehm sein.
 


Abb. 14: Das Tief über Nordeuropa könnte besonders ab der zweiten Wochenhälfte wetterwirksam werden und vermehrt feuchte Luft an die Alpen heranführen...
 


Abb. 15: ...dann wäre auch wieder etwas Neuschnee auf Salzburgs Bergen möglich.

 


 


Matthias Walcher ist Lawinenprognostiker im Team des operativen Lawinenwarndienstes Salzburg bei der Geosphere Austria. Neben der Verfassung von Lawinenvorhersagen und Blogeinträgen arbeitet er mit benachbarten Warndiensten an diversen Projekten im Fachbereich. In seiner Vergangenheit hat Matthias bereits für verschiedene europäische Warndienste gearbeitet, in Nord- und Südamerika Erfahrungen gesammelt und ist heute auch privat noch in verschiedenen Institutionen aktiv.