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Kaum Veränderung der Situation

Wenig Schnee und lokale Gefahrenstellen

Die Lawinensituation ist weiterhin vom recht zaghaften Winterstart geprägt: der wenige Schnee, welcher auf Salzburgs Bergen zu finden ist, ist aufgrund des Windeinflusses recht ungleichmäßig verteilt. Exponiertes Gelände ist oft abgeblasen, in Rinnen und Mulden oder windberuhigten Hängen liegt entsprechend mehr Schnee. Zudem ist die Schneedecke besonders an Schattenhängen in der Höhe schwach, mit kantig aufgebauten Kristallen, eingelagerten Schmelzkrusten und mitunter Oberflächenreif. Das Triebschneeproblem und das Altschneeproblem dominieren die Lawinengefahr.

An dieser Situation ändert sich auch am Wochenende wenig. Bis Samstagmorgen kommt besonders entlang des Alpenhauptkamms etwas Neuschnee hinzu. Dort ist mit 10 bis 15 cm zu rechnen. Abseits davon werden maximal 10 cm erreicht werden. Besonders entlang der Tauern und südlich davon führt der Nordwestwind zur Verfrachtung dieses lockeren Schnees und zur Bildung frischer Triebschneeansammlungen im Windschatten. Die Windstärke entscheidet über die Ablagerungscharakteristik des Triebschnees: mit mäßig starkem Wind wird dieser besonders in Kammnähe anzutreffen sein. Am meisten Schnee fällt entlang des Hauptkamms und entsprechend sind auch dort die umfangreichsten Gefahrenbereiche anzutreffen. Abseits davon sind Triebschneeansammlungen klein und müssen vor allem im absturzgefährdeten Gelände beachtet werden.


Abb. 1: Neuschneesumme bis Ende des Niederschlags am Samstag, 17.12. Im ganzen Land fallen 5 bis 15 cm Neuschnee, am meisten davon in den Hohen Tauern.


Abb. 2: Der Wind weht am Samstag, 17.12. entlang des Hauptkamms sowie im Lungau noch kräftig und verfrachtet den Neuschnee. Am Sonntag, 18.12. flaut der Wind ab.

In den Hauptniederschlagsgebieten (entlang des Alpenhauptkamms) muss darüber hinaus der Altschneeproblematik Aufmerksamkeit geschenkt werden. Mit den kalten Temperaturen zu Beginn dieser Woche ist diese zwischenzeitlich etwas in den Hintergrund gerückt (das Schneebrett hat an Bindung verloren). In Gebieten wo allerdings mehr Schnee fällt, ist das Schneebrett, welches sich durch den Neu- und Triebschnee bildet, mitunter wieder gut genug ausgebildet, um Brüche in der Altschneedecke fortzupflanzen. Besonders ungünstige Gefahrenstellen findet man hier vor allem an sehr steilen Schattenhängen, hinter Geländekanten und an Felswandfüßen, wo eine recht homogene Schneedeckenverteilung vorherrscht. Lawinen der Größe 2 sind vereinzelt möglich.
Auf den Bergen liegen oberhalb der Waldgrenze weiterhin verbreitet nur 30 bis 80 cm Schnee. Für Skitouren, besonders im Blockgelände der Nordalpen oder in hohen Lagen der Tauern, ist dies meist noch zu wenig, um ohne Bodenkontakt unterwegs zu sein. Die Verletzungsgefahr durch Stürze ist meist höher einzuschätzen, als die Lawinengefahr.


Abb. 3: Verbreitet liegt noch sehr wenig Schnee. Auf Skitouren muss man daher häufig mit Steinkontakt rechnen, wie auch hier auf dem Weg Richtung Stubacher Sonnblick (3088 m) in der Granatspitze (Foto: LWD Salzburg, 13.12.2022)
 


Abb. 4: Wenig Schnee auch noch im Gamskar am Leckkogel (2035 m) im Dachsteingebirge (Foto: Hias Schreder, 13.12.2022).
 

Weitere Entwicklung

Am Samstagvormittag klingt der Schneefall rausch ab, das Wetter bessert sich, der Sonntag wird strahlend sonnig und wieder deutlich milder. Auch der Wind lässt an Stärke nach. Die Störanfälligkeit der frischen Triebschneeansammlungen an Sonnenhängen nimmt damit ab. Am Montag und Dienstag steigen die Temperaturen weiter an, die Nullgradgrenze klettert über 3000m. Ergiebiger Neuschneefall ist bis Ende des Jahres leider nicht zu erwarten. Die Gefahr von trockenen Schneebrettlawinen geht weiter zurück. Die Schneedecke in Tallagen und an Sonnenhängen wird wieder teilweise abschmelzen.


Abb. 5: Wetterentwicklung in den nächsten Tagen. Am Dienstag, 20.12. klettert die Nullgradgrenze über 3000 m.
 


Abb. 6: Bis Ende des Jahres ist die Wahrscheinlichkeit für ergiebigen Neuschneefall gering.
 

Rückblick

Der Neuschnee am vergangenen Wochenende ist bei sehr tiefen Temperaturen meist nur mit sehr wenig Windeinfluss gefallen. Erst der nach dem Schneefall etwas auflebende Nordwestwind führte in exponierten Bereichen zur Bildung von störanfälligen Triebschneepaketen im Windschatten, welche mancherorts als kleine bis mittelgroße Lawinen ausgelöst werden konnten.


Abb. 7: Tief verschneit und winterlich sahe es am vergangenen Wochenende auch in den Nockbergen aus. Allerdings fehlt auch hier noch die Unterlage für vernünftige Skitouren (Foto: Thomas Eckersdorfer, 11.12.2022).
 


Abb. 8: Auch während des Schneefalls in der Nacht auf Sonntag, 11.12. gingen einige Schneebrettlawinen auf der schwachen Altschneedecke spontan ab, wie hier in der Ankogelgruppe. Rechts davon kann ein Gleitschneeriss erkannt werden (Foto: Klaus Gruber, 12.12.2022).
 


Abb. 9: Kleines, durch Personen ausgelöstes Schneebrett auf rund 2100 m auf der Zechnerhöhe in den Nockbergen (Foto: Klaus Gruber, 13.12.2022).
 


Abb. 10: Als Schwachschicht diente Oberflächenreif, welcher mit den Schneefällen am Wochenende eingeschneit wurde (Foto: Klaus Gruber, 13.12.2022).

Mitte der Woche stiegen die Temperaturen langsam wieder etwas an. Mit starkem bis stürmischem Südföhn bildeten sich vor allem entlang der Tauern neue, aber meist kleine Triebschneeansammlungen an (kammfernen) Schattenhängen sowie in eingewehten Rinnen und Mulden. Mit Föhndurchbruch und beginnendem Niederschlag regnete es am Alpenhauptkamm (Rückmeldung Kreuzkogel, Sportgastein) kurzzeitig bis 2600m hinauf.


Abb. 11: An der Wetterstation in Obertauern lässt sich die vergangene, wettertechnisch recht turbulente Woche gut nachverfolgen. Herausstechend ist vor allem der markante Abfall der Temperaturen zu Wochenbeginn und der erneute Anstieg auf über Null Grad in der Nacht auf Donnerstag, 15.12.
 


Abb. 12: Der Südföhn blies in den typischen Föhngebieten bereits am Dienstag, 13.12. stark, mitunter stürmisch. Triebschnee wurde auch kammfern hinter Geländekanten auf störanfälligen, kalten Neuschnee abgelagert und war entsprechend störanfällig (Foto: LWD Salzburg, 13.12.2022).

 


 


Matthias Walcher ist neu im Team der Lawinenprognostiker*innen des Lawinenwarndienstes Salzburg. Neben der Verfassung von Lawinenvorhersagen und Blogeinträgen arbeitet er mit benachbarten Warndiensten an diversen Projekten im Fachbereich. In seiner Vergangenheit hat Matthias bereits für verschiedene europäische Warndienste gearbeitet, in Nord- und Südamerika Erfahrungen gesammelt und ist heute auch privat noch in verschiedenen Institutionen aktiv.