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Kaltfront bringt winterliche Temperaturen und etwas Neuschnee

Aktuelle Situation

Die frühlingshaften Wetterbedingungen mit überdurchschnittlich warmen Temperaturen und viel Sonne in den letzten Tagen und Wochen haben der Schneedecke stark zugesetzt. Sonnenhänge bis zur Waldgrenze sind meist weitgehend ausgeapert, selbiges gilt an Schattenhängen bis etwa 1500m. Und auch darüber liegt für die Jahreszeit zu wenig Schnee. Im Südsektor wurde die Schneedecke bis über 2600m bis zum Boden hin durchfeuchtet und isotherm. An Schattenhängen ist sie meist noch trocken, aber stark vom Wind geprägt. Auf kleinem Raum wechseln Windharsch und lockerer Schnee, Grate und Rücken sind vielfach abgeblasen – allgemein kann von einer sehr unregelmäßigen Schneeoberfläche gesprochen werden. Was skifahrerisch (von den teils guten Firnbedingungen in den letzten Tagen abgesehen) als äußerst dürftig beschrieben werden darf, ist jedoch zumindest im Hinblick auf den angekündigten Niederschlag als positiv zu bewerten: die bestehende inhomogene (Alt)Schneeoberfläche wird sich gut mit darauf abgelagertem Neu- und Triebschnee verbinden können…


Abb. 1: Zwei Grafiken unserer Beobachterstationen Zauchensee (oben) und Arthurhaus (unten) mit den aktuellen Werten dieses Winters. Grau hinterlegt sind die Minima und Maxima der vergangenen 29 Jahre (seit 1993/94). Interessant sind v.a. jeweils die blaue Linie der Schneehöhe sowie die rote Linie der Lufttemperatur. Selten war es seit Messbeginn Mitte Februar so warm wie in den vergangenen Tagen, die Schneehöhe ist deutlich unterdurchschnittlich.
 


Abb. 2: Bis zur Waldgrenze liegt nach den überdurchschnittlich warmen Temperaturen derzeit nur mehr sehr wenig Schnee. Peitingköpfl (1720m) , Chiemgauer Alpen (Foto: Hans Altmann, 21.02.2023).
 

Weitere Entwicklung

Mit einer Kaltfront, welche in der Nacht auf Samstag, 25.02. ins Land zieht, fallen die Temperaturen über Nacht um rund 10°C. Die Schneefallgrenze liegt zu Beginn des Niederschlags – v.a. im Norden – mit 1600m- 1800m noch recht hoch, sinkt aber spätestens in der Nacht auf Sonntag, 26.02. in die Tallagen ab. Bis Sonntagvormittag fallen 15 bis 30 cm, dies v.a. in den typischen Nordstaulagen. Insbesondere in den Tauern, aber auch auf den Gipfeln der Nordalpen weht der Wind teils stark aus westlichen Richtungen.


Abb. 3: Prognostizierte Niederschlagsmengen in Millimeter bis Sonntagmorgen. Mit am meisten Neuschnee ist in den typischen Nordstaulagen - von den KItzbüheler Alpen, über die Leoganger- und Loferer Steinberge bis zum Dachsteingebirge - zu rechnen. Dort sind rund 30cm Neuschnee möglich.
 


Abb. 4: Mit der Kaltfront legt auch der Wind aus West und Nordwest etwas zu. Teils starker Wind führt vor allem entlang des Hauptkamms, aber auch in Hochlagen der Nordalpen zur Verfrachtung von lockerem Schnee.
 

Der Wind verfrachtet den kalten, lockeren Neuschnee; allgemein werden Neu- und Triebschnee jedoch – wie weiter oben beschrieben – auf eine meist günstig beschaffene Altschneeoberfläche abgelagert. Einzelne Gefahrenstellen entstehen an sehr steilen (>35°) Schattenhängen, in geschützten Rinnen, Mulden und hinter Geländekanten, wo die Schneeoberfläche vor den Schneefällen stellenweise noch locker und ungebunden war und somit eine potenzielle Schwachschicht darstellen kann. Die Gefahrenstellen nehmen mit der Höhe. Mögliche Lawinen sind meist nur klein, dort wo es 30cm oder mehr schneit vereinzelt auch mittelgroß.

  • Bei der schlechten Sicht sind frische Triebschneeansammlungen am Wochenende schwer zu erkennen: besondere Vorsicht dort, wo der Windeinfluss spürbar ist
  • Sehr steiles, schattiges Gelände oberhalb von Geländefallen meiden

Bereits ab Montag lockert es wieder allmählich auf, es bleibt aber vorerst sehr kalt. Ab Mittwoch steigen die Temperaturen wieder etwas an und pendeln sich im Bereich der Normaltemperaturen für die Jahreszeit ein. Triebschneepakete verbinden sich zu Wochenbeginn recht rasch und sind dann kaum mehr störanfällig.


Abb. 5: Am Gitterpunkt Untersberg (1776m) lässt sich die Wetterentwicklung der nächsten Tage gut ablesen: In der Nacht auf Samstag setzt zeitweise intensiver Niederschlag ein, die Temperaturen sinken bis Sonntag markant ab, der Wind weht teils stark.
 


Abb. 6: Akkumulierte Neuschneesumme für Zauchensee. Nach dem Niederschlag vom Wochenende ist in der nächsten Woche vorerst kein Neuschnee mehr in Sicht.
 

Rückblick

Ein kurzer Rückblick auf die vergangene Woche in Bildern.


Abb. 7: Noch vor wenigen Wochen sorgten ergiebige Schneefälle für spontane Abgänge von großen und sehr großen Schneebrettlawinen, wie hier an der Hohen Dock (3348m) im hintersten Fuschertal. Die Zeichen der damaligen Gefahrensituation sind noch deutlich erkennbar (Foto: Dietmar Steiner, 18.02.2023).
 


Abb. 8: Blick vom Pihapper (2513m) ins Salzachtal in Oberpinzgau: Unterhalb der Waldgrenze liegt kaum mehr Schnee, darüber ist die Schneedecke dünn und unregelmäßig, an Sonnenhängen schon stellenweise ausgeapert (Foto: Uta Philipp, 20.02.2023).
 


Abb. 9: Feinster Firn auf gleichmäßigem Grasmattengelände neben ausgeaperten Bereichen entlang von Graten. Im Hintergrund erkennt man deutliche Anzeichen von Schneegleiten (Freudenendkopf, 2222m; Foto: Bret Shandro, 21.02.2023).
 


Abb. 10: Mit guter zeitlicher und örtlicher Tourenplanung konnten in der vergangenen Woche - selten aber doch - noch recht passable Bedingungen angetroffen werden. Im Bild einige traumhafte Schwünge in noch trockenem (Pulver)Schnee am Dachstein (2995m; Foto: Leonhard Stock, 21.02.2023).
 


Abb. 12: Gleitschneeriss am Hundstein (2117m). Mit den warmen Temperaturen waren auch diese Woche einige spontane Abgänge von Gleitschneelawinen zu beobachten - wenn auch deren Aktivität im Vergleich zur vergangenen Woche etwas abgenommen hat (Foto: Markus Hirnböck, 20.02.2023).

 


 


Matthias Walcher ist neu im Team der Lawinenprognostiker*innen des Lawinenwarndienstes Salzburg. Neben der Verfassung von Lawinenvorhersagen und Blogeinträgen arbeitet er mit benachbarten Warndiensten an diversen Projekten im Fachbereich. In seiner Vergangenheit hat Matthias bereits für verschiedene europäische Warndienste gearbeitet, in Nord- und Südamerika Erfahrungen gesammelt und ist heute auch privat noch in verschiedenen Institutionen aktiv.