Schneefälle im Frühjahr haben immer das Potenzial viele Lawinenprobleme, nicht unbedingt in starker Ausprägung, auf den Plan zu rufen. So auch dieses Wochenende, die Temperaturen fallen erst nach Beginn der Niederschläge. Das heißt, während in hohen Lagen winterliche Bedingungen herrschen, wird die Schneedecke in tieferen Lagen durch den Regeneintrag durchfeuchtet.
Ausgangslage
In der vergangenen Woche gab es bis Donnerstag durch Trogeinfluss und den Ausläufern einer Kaltfront immer wieder Schnee- und Regenschauer. Die Sicht war in den Bergen oft eingeschränkt und die Nächte verliefen bedeckt. Zu Beginn der Woche fiel bis auf 2500 m Regen, gegen Ende der Woche lag die Schneefallgrenze teilweise bei 1800 m.
Abb.1: Im Verlauf der Woche gab es immer wieder Niederschläge bei sinkender Nullgradgrenze.
Der Regeneintrag und die bedeckten Nächte führten zu einer Durchfeuchtung der Schneedecke. Schon von der Früh weg, war die Schneedecke aufgeweicht. Nassschneelawinen (locker und Brett) lösten sich spontan oder konnten durch eine Person ausgelöst werden. Auch die Gleitschneeaktivität stieg in den vergangenen Tagen an.
Abb.2: In der vergangenen Woche lösten sich Nassschneelawinen spontan, nasse Schneebrettlawine links, nasse Lockerschneelawine rechts im Bild.
Oberhalb von 2200 m konnte sich nach wie vor ein Altschneeproblem halten. Kantig aufgebaute Schwachschichten zwischen Krusten konnten bei Schneedeckentests angesprochen werden. Nordseitig findet man bodennah stellenweise störanfälligen Schwimmschnee.
Abb.3: Schneeprofile mit Tests, links südseitiges Profil am Schoppmanntörl auf 2570 m (© Dietmar Steiner), rechts nordseitiges Profil am Mittertörl auf 2350 m (© LWD Salzburg).
Die Nacht auf Freitag war klar, es konnte sich flächig ein tragender Schmelzharschdeckel ausbilden. Am Freitagvormittag war die Lawinenlage, bis auf das Altschneeproblem in der Höhe, entspannt. Mit der Erwärmung im Tagesverlauf bildete sich unterhalb von 2400 m wieder ein Nassschneeproblem aus.
Weitere Entwicklung
Für das kommende Wochenende sind Niederschläge prognostiziert. Durch eine sogenannte Gegenstromlage nördlich der Alpen (Südwest Anströmung am Boden, Nordost/Ost Anströmung in der Höhe) fallen vor allem in Nordstaulagen bis Sonntagmorgen bis zu 40 cm Neuschnee, in den Nordalpen auch mehr.
Abb.4: Neuschneemengen bis Sonntag, 0 Uhr. In den Nordstaulagen fallen bis zu 40 cm Neuschnee, stellenweise mehr.
Die trockene Schneefallgrenze wird am Freitagabend am Hauptkamm noch bei ca. 2200 m, in den Nordalpen schon bei ca. 1800 m prognostiziert. Je nachdem, wie weit die kältere Luft vorstößt, kann die Schneefallgrenze also sehr unterschiedlich sein. Bis Samstagmorgen sinkt sie verbreitet auf ca. 1500 m ab.
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Abb.5: Bei sinkender Schneefallgrenze, regnet es oft zunächst in die Schneedecke. Meteogramme für die Loferer Alm (links) und Bad Gastein (rechts).
Am Sonntag lassen die Niederschläge nach, die Schneefallgrenze liegt am Morgen teilweise auf 1100 m. In der Nacht auf Montag zieht dann eine Kaltfront aus Norden über Salzburgs Berge hinweg. Die Schneefallgrenze sinkt noch einmal auf ca. 700 m, erneut werden in den Nordstaulagen werden bis zu 20 cm Schnee erwartet.
Abb.6: Punktprognosen der Neuschneemengen am Happischhaus (oben) und der Rudolfshütte (unten).
Besonders am Samstag kommt es durch die hohe Schneefallgrenze zu einer komplexen Warnsituation. Während dort, wo Regeneintrag die Schneedecke schwächt, das Nass- und Gleitschneeproblem ansteigt, bildet sich in der Höhe ein Triebschneeproblem aus. Auch das Altschneeproblem bleibt in der Höhe erhalten.
Durch die Abkühlung entspannt sich das Nassschneeproblem zunehmend. Das Gleitschneeproblem kann auch durch den Gewichtseintrag durch Neuschnee noch länger aktiv bleiben. Das Triebschneeproblem weitet sich mit der sinkenden Schneefallgrenze allmählich bis in mittlere bzw. tiefe Lagen aus.
Bei Auflockerungen am Sonntag können sich durch die Sonneneinstrahlung trockene Lockerschneelawinen spontan lösen. Im Frühjahr setzt sich der Neuschnee durch den hohen Strahlungseinfluss schnell, trockene Lockerschneelawinen sind daher nur ein kurzzeitiges Problem, aber auch lockerer Pulverschnee kann nur kurzzeitig genossen werden. Der frische Triebschnee setzt sich im Frühjahr ebenfalls recht schnell, das Triebschneeproblem wird sich also mit Ende der Schneefälle entspannen.
Veronika Krieger hat Maschinenbau und Meteorologie studiert und arbeitet seit 2021 im Team der GeoSphere Austria in Salzburg. Schon von Kindesbeinen an hat Veronika viel Zeit in den Bergen verbracht - im Sommer am Fels, im Winter auf Eis und Schnee. Sie war Mitglied des DAV Expedkaders 2016 und ist seit Jahren Beobachterin und Wochenberichtsautorin des bayerischen Lawinenwarndienstes. Seit der Wintersaison 2022/23 arbeitet sie als Lawinenprognostikerin im Team des Lawinenwarndienstes Salzburg.