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Erwärmung, Abkühlung und ein sonniges, aber kühles Wochenende

Eine zwischenzeitliche Erwärmung am Mittwoch und Donnerstag bereitete dem lockeren Schnee, den man an windgeschützten Stellen noch finden konnte, endgültig ein Ende. Doch schon in der Nacht zu Freitag fiel mit einer Kaltfront erneut etwas Neuschnee. Am Wochenende sorgt Hochdruckeinfluss für ruhiges Wetter. Was bedeutet dieser Wetterverlauf für die Schneedecke?

 

Rückblick

Erwärmung

Durch die Erwärmung ad Dienstagnachmittag und etwas Regen konnte sich die Schneedecke setzen. Wenn eine oberflächennahe Schwachschicht in der Schneedecke vorhanden ist, bedeutet eine Setzung zunächst einen kurzzeitigen Anstieg der Lawinengefahr. Durch die Setzung kann sich ein Brett ausbilden und die darunterliegende Schwachschicht bleibt noch vorhanden. Mit länger anhaltender Setzung werden auch die großen Kristalle in der Schwachschicht allmählich zu kleineren Formen umgewandelt. Die Schwachschicht ist dann nicht mehr so gut anzusprechen.

Spontane Lawinenabgänge am Dienstag haben gezeigt, dass es eine ansprechbare Schwachschicht gab. Stellenweise ist Oberflächenreif eingeschneit worden, der als Schwachschicht besonders störanfällig ist.

Fig. 1: An der Schmittenhöhe ist der markante Temperaturanstieg deutlich zu sehen. Die Folge ist eine Setzung der Schneedecke.

Fig. 2: eingeschneiter Oberflächenreif [Foto: Wilfried Gschwandtl]

Durch die Erwärmung wird die Schneeoberfläche zudem zunehmend pappig und feucht. Auch Gleitschneelawinen konnten durch die Gewichtszunahme der Schneedecke (Regen) wieder vermehrt abgehen.

Fig. 3: Frische Gleitschneelawine am Donnerstag an der Ebnerscharte [Foto: LWD Salzburg]

Kaltfront mit Schnee und Wind

In der Nacht zu Freitag sanken die Temperaturen schnell wieder. Mit der Abkühlung setzte auch zunächst noch Regen, dann Schneefall ein. Meist fielen aber nur wenige Zentimeter Neuschnee.

Fig. 4: Die kurzzeitige markante Erwärmung ist gut in den Stationsdaten zu erkennen: Die Nullgradgrenze lag noch am Donnerstag auf über 2000 m.

Fig. 5: Schneedeckenzuwachs in den vergangenen 24 h.

Durch Regen wird Setzung und Durchfeuchtung der Schneedecke beschleunigt. In diesem Fall dauerte diese Phase aber nur kurz an und hatte keine markante Auswirkung auf die Schneedecke. Der Neuschnee verbindet sich mit einer angefeuchteten Schneeoberfläche gut, verzögert kann aber dennoch ein Problem entstehen, (siehe Abschnitt „Kalt auf warm“). Durch die Abkühlung kann der feuchte Schnee gefrieren und bildet einen Harschdeckel.

Der mit der Kaltfront einhergehende Wind konnte den Neuschnee verfrachten, sodass am Freitag frische, aber eher kleine Triebschneeansammlungen entstehen, die auf lockerem Neuschnee liegen. Diese frischen Triebschneeansammlungen können bereits bei geringer Zusatzbelastung ausgelöst werden, sie sind aber gut zu erkennen.

 

Aktuelle Situation, mögliche Entwicklung

Die Skibedingungen am Wochenende können sehr unterschiedlich sein. Dort wo sich die feuchte Schneedecke von Donnerstag in einen tragenden Schmelzharschdeckel umgewandelt hat (am ehesten sonnseitig und in tiefen Lagen, wo die Schneedecke stärker durchfeuchtet worden ist) kann man in windgeschützten Lagen etwas Pulver (dust on crust) genießen. Wo die Durchfeuchtung etwas geringer war, ist der Harschdeckel nicht tragfähig und die Skibedingungen nicht optimal. Schattseitig in Kältelöchern und in der Höhe hat die Erwärmung nicht ausgereicht, dass sich ein Schmelzharschdeckel ausbilden konnte. Dort liegt der Neuschnee auf einer windverpressten Schneedecke.

Generell wird der Neuschnee vom Wind verfrachtet, lockeren Neuschnee findet man also nur in windgeschützten Bereichen.

Kalt auf warm?

Die Schneedecke befindet sich ständig in Umwandlung. Ein großer Temperaturunterschied innerhalb der Schneedecke bewirkt einen Dampftransport von warm zu kalt und damit eine Umwandlung der Schneekristallformen. Kristalle können dann wachsen, sich kantig aufbauen, und somit zu einer Schwachschicht werden. Dieser Prozess dauert etwas an, das bedeutet Schwachschichten können auch verzögert (2 bis 3 Tage) nach Schneefällen oder Wind entstehen.

Das kommende Wochenende hat Potenzial dazu, sich zu einer solchen Situation zu entwickeln. Die warme Phase hat nicht sehr lange angedauert, aber die Schneedecke war am Donnerstag im oberen Teil verhältnismäßig warm, bevor wenige Zentimeter Neuschnee fielen und die Temperatur schnell zurückging. Auch die klaren Nächte am Wochenende bewirken niedrige Schneeoberflächentemperaturen. Es ist also ein Temperaturgradient vorhanden, der ausreichen könnte, dass sich eine Schwachschicht an der Grenze von Altschneedecke zum Neuschnee ausbildet.

 

Rückblick in Bildern

Fig. 5: Oberflächenreif war durch die windstille Phase und klaren Nächte verbreitet vorzufinden. Uta Philipp hat sehr große Kristalle festgehalten.

Fig. 6: Unter Windharschdeckeln wurden auch kantige Kristalle vorgefunden. [Foto: Tom Eckersdorfer]

Fig. 7: Fernausgelöste kleine Lawine am Sonntag, Triebschneeansammlungen waren störanfällig. [Foto: LWD Salzburg]


Veronika Krieger hat Maschinenbau und Meteorologie studiert und arbeitet seit 2021 im Team der GeoSphere Austria in Salzburg. Schon von Kindesbeinen an hat Veronika viel Zeit in den Bergen verbracht - im Sommer am Fels, im Winter auf Eis und Schnee. Sie war Teil des DAV Expedkaders 2016 und ist seit Jahren Beobachterin und Wochenberichtsautorin des bayerischen Lawinenwarndienstes. Seit der Wintersaison 2022/23 arbeitet sie als Lawinenprognostikerin im Team des Lawinenwarndienstes Salzburg.