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Aprilwetter: Frühjahrsbedingungen mit zwischenzeitlichen Schneefällen

In den vergangenen Tagen waren die Temperaturen in den Bergen oft schon frühlingshaft warm, dazwischen lagen aber vereinzelte Tage mit tieferen Temperaturen und, zumindest in hohen Lagen, Schneefall. Auch am kommenden Wochenende kreuzen Winter und Frühling wieder ihre Wege.

Aktuelle Situation

Am Montag brachte ein Schneefallereignis in der Höhe bis gut 20 cm Neuschnee bei wenig Wind. Die darauffolgenden warmen Tage hatten eine schnelle Setzung zu Folge, der auffrischende Wind konnte nur noch in der Höhe Schnee verfrachten. In tieferen Lagen ist die Schneehöhe durch den Regeneintrag am Montag zurückgegangen (siehe Abb. 1)

Abb. 1: Veränderung der Gesamtschneehöhe vom 18. bis zum 21. März.

Triebschneeansammlungen waren durch die rasche Setzung nur in der Höhe und an wenigen Stellen auslösbar, problematischer war an einigen Tagen das Nassschneeproblem. Schon während des Niederschlagsereignisses sind bis in mittlere (<2000 m) Lagen einige Nassschneelawinen durch den Regeneintrag abgegangen. Besonders am sonnigen und warmen Mittwoch sind am Nachmittag aus steilem Gelände viele Lockerschneelawinen und teilweise kleine nasse Schneebretter abgegangen (siehe Abb. 2). Die Nacht zum Mittwoch war klar und die Schneedecke in der Früh gefroren. Mit dem hohen Energieeintrag in die Schneedecke durch die März-Sonne und die hohen Temperaturen hat die starke tageszeitliche Erwärmung zu einer Frühjahrssituation geführt. Nach wie vor begleitet uns das Gleitschneeproblem, in den vergangenen Tagen sind wieder vermehrt Gleitschneeabgänge gemeldet worden. Gleitschneerisse sollten daher unbedingt gemieden werden. Bei Gleitschneelawinen im Frühjahr ist mit zunehmender Durchfeuchtung der Schneedecke durch eine tageszeitliche Erwärmung oder mangels Ausstrahlung über Nacht eine Zunahme der Gleitschneeaktivität zu erwarten. Anders als im Frühwinter, wo die Bodenwärme zu Schmelzprozessen am Übergang zwischen Schneedecke und Untergrund führt, kommt der Wärmeimpuls bei Gleitschneelawinen im Frühjahr meist aus der Atmosphäre.

Abb. 2: viele kleine Lockerschneelawinen aus felsdurchsetztem Steilgelände.

In der Nacht auf Donnerstag konnte die Schneedecke wieder auskühlen, allerdings nicht mehr so stark wie die Nacht davor. Die Schneedecke war vielerorts aber noch gefroren und ist erst mit dem Regeneintrag aufgeweicht. In der Nacht auf Freitag war es bedeckt, daher konnte sich kein tragender Harschdeckel ausbilden. Die Oberflächentemperaturen der Schneedecke zeigen die gute Abstrahlung in der Nacht auf Mittwoch und die fehlende Abstrahlung am Freitag (siehe Abb. 3). Durch die schauerartigen Niederschläge ab Donnerstagvormittag sind in der Höhe aktuell bis zu 10 cm Neuschnee gefallen.

Abb. 3: Temperaturverlauf an der Gamskogelhütte. Die graue Linie zeigt die Oberflächentemperatur an. In klaren Nächten sinkt sie weit unter die Lufttemperatur (rote Linie), in bedeckten Nächten nicht.

Schneedeckenaufbau

Das Altschneefundament ist bis in hohe Lagen oft gut verbunden, beziehungsweise können tiefliegende Schwachschichten oft nicht mehr gestört werden. Brüche bei Schneedeckentests sind am ehesten durch Kantige Kristalle zwischen Krusten oder durch eingeschneiten Oberflächenreif zu erzeugen (siehe Abb. 4 und 5).

Abb. 4: eingeschneiter Oberflächenreif, der am 14.03.2024 noch ausgelöst werden konnte, aber nur kleinräumig vorhanden war.

Abb. 5: Schneeprofil von der Amertaler Höhe (17.03.2024). Der Stabilitätstest ergab einen Bruch an einer kantigen Schicht zwischen zwei Krusten.

 

Die Entwicklung der Gesamtschneehöhe war diese Saison ungewöhnlich. Seit dem Jahreswechsel hat sich die Schneehöhe in höherliegenden Beobachtungsstationen nur minimal geändert. Der statistische Verlauf zeigt dagegen (natürlich) einen saisonalen Anstieg der Schneedecke. Je nachdem wie stark die Schneefälle im Dezember an den Stationen ausgefallen sind, ist die Schneehöhe an den Stationen im Moment über oder unterdurchschnittlich. Eine klare Aussage über die Schneedeckensituation lässt sich nur in den tieferliegenden Stationen treffen. Hier ist die Schneedecke klar unterdurchschnittlich mächtig (siehe Abb. 6).

Abb. 6: Schneehöhenmessungen am Kitzsteinhorn und in Obertauern. Die dicke blaue Linie zeigt den Schneehöhenverlauf dieser Saison. Im Vergleich dazu zeigt die dicke graue Linie die mittlere Schneehöhe aus den vergangenen Saisonen.

Ausblick

In der Nacht auf Samstag kann die Schneedecke wieder auskühlen und einen tragfähigen Harschdeckel ausbilden. Zunächst ist der Tag sonnig, ab Mittag macht sich dann aber eine herannahende Kaltfront bemerkbar. Der Wind frischt auf, besonders in den Voralpen. Die Windspitzen liegen bei rund 80 km/h (siehe Abb. 7). Mit der Kaltfront sinken die Temperaturen rasch und Schneefall setzt ein. Die Schneefallgrenze sinkt bis Montagfrüh auf etwa 500 m, es fallen erneut bis zu 15 cm Neuschnee (siehe Abb. 8). In den darauffolgenden Tagen steigen die Temperaturen aber wieder an.

Abb. 7: Windspitzen am Samstagnachmittag.

Abb. 8: Neuschneesumme in den kommenden Tagen an der Rudolfshütte.

 

Für die Lawinensituation heißt das, dass ab Samstagnachmittag eine Triebschneesituation entstehen wird. Bis in mittlere Lagen ist die Verbindung zur vermutlich angefeuchteten Schneedecke oft gut. In der Höhe kann überwehter Neuschnee eine Schwachschicht darstellen.

Rückblick in Bildern aus unserem Tourenforum

Abb. 9: Dass der Schnee sonnseitig am Sonntag schon etwas pappig war sieht man besonders schön am Schneemann (unten Bildmitte). Oft konnte man in der Höhe aber noch Pulver auf einem Harschdeckel antreffen (17.03.2024, Foto: Aeolos).

Abb. 10: Frische Gleitschneelawine am Hochgründeck...

Abb. 11: …und deren Ablagerung (17.03.2024, Fotos: Leonhard Stock).

Abb. 12: Am Mittwoch strahlender Sonnenschein und Skigenuss am Hocheiser (20.03.2024, Foto: Klaus Einmayr).

Abb. 13: Auch am Kleinen Pleißlingkeil staubte es (20.03.2024, Foto: Peter Bruckbauer).


Veronika Krieger hat Maschinenbau und Meteorologie studiert und arbeitet seit 2021 im Team der GeoSphere Austria in Salzburg. Schon von Kindesbeinen an hat Veronika viel Zeit in den Bergen verbracht - im Sommer am Fels, im Winter auf Eis und Schnee. Sie war Teil des DAV Expedkaders 2016 und ist seit Jahren Beobachterin und Wochenberichtsautorin des bayerischen Lawinenwarndienstes. Seit der Wintersaison 2022/23 arbeitet sie als Lawinenprognostikerin im Team des Lawinenwarndienstes Salzburg.