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Frühjahrssituation- Vorsicht in Gebieten mit Altschneeproblem

Unter Tiefdruckeinfluss wurden bei winterlichen Temperaturen in der letzten Woche verbreitet 40, stellenweise über 100 cm Neuschneezuwachs verzeichnet. Die Sonneneinstrahlung und die steigenden Temperaturen der kommenden Tage führen beginnend an Sonnenhängen zu einer raschen Setzung und allmählichen Durchfeuchtung des Neuschnees. Im Laufe des Wochenendes bilden sich durch den auflebenden Südföhn frische, eher kleinräumige Triebschneeansammlungen in den Hochlagen. Ein oberflächennahes Altschneeproblem erfordert am Wochenende gebietsweise Zurückhaltung.

Rückblick

Seit dem Temperatursturz am 15.04. hat es verbreitet 40 cm und stellenweise über 100 cm geschneit, am östlichen Hauptkamm und im Lungau etwas weniger. Die Nullgradgrenze schwankte zwischen 800 und 1800 m.

Abb.1: Der durchschnittliche Verlauf der Nullgradgrenze sowie der Neuschneezuwächse aller Salzburger Wetterstationen von 19.-24.04.24.

Die letzten Tage haben, sofern es die Sicht zugelassen hat, traumhafte Pulverabfahrten ermöglicht. Kurzweilige Triebschneeprobleme durch auflebenden Wind haben sich durch die diffuse Strahlung meist schnell wieder entspannt. In den mittleren und tiefen Lagen konnte auf den vormals aperen Boden umfangreiche Gleitschneeaktivität beobachtet werden, Lawinen blieben aber meist klein.

Abb.2: Selbst dort, wo zuvor der Löwenzahn bereits geblüht hat, rutscht der Neuschnee auf dem warmen Boden wieder als (sehr) kleine Gleitschneelawine ab. Südseitig ist bis auf rund 2000 m damit zu rechnen, dass auf dem vormals aperen Boden wieder Gleitschneelawinen abgehen. 

Altschneeproblem

Stationsdaten zeigen den markanten Temperaturabfall um rund 20 Grad um den 15.04.

Abb.3: In der Aufzeichnung der Wetterstationen lässt sich der markante Temperaturabfall um den 15.04. nachverfolgen. Durch den Temperaturabfall in Verbindung mit dem Neuschneezuwachs ist in der Schneedecke stellenweise ein großer Temperaturgradient entstanden, der zu einem Altschneeproblem geführt hat.

Mit der massiven Abkühlung ging das Einsetzen des Schneefalls einher. Das hat zu einem teils großen Temperaturgradienten zwischen Altschneedecke und dem kalten Neuschnee geführt, wodurch sich kantige Kristalle auf der Kruste ausbilden konnten. Dieses Altschneeproblem wird vorrangig an Schattenhängen oberhalb von 2200 m vermutet und besonders dort, wo vergleichsweise wenig Schnee auf der Kruste liegt. 

Abb.4: Ein Profil vom Hohen Sonnblick am 22.04. zeigt 50 cm unter der Schneeoberfläche zwar kantige Kristalle, die auf einer mächtigen Schmelzkruste mit Saharastaub liegen, aber die Kristalle sind eher klein und der Temperaturgradient eher gering (©LWD Salzburg).

Abb. 5: Profile aus neuschneeärmeren Gebieten, wie hier in den östlichen Deferegger Alpen, zeigen jedoch einen starken Temperaturgradienten in diesem Bereich, größere kantige Kristalle und die Schicht spricht hier auch auf die Stabilitätstests an. 

Ausblick

Im Laufe des Wochenendes ist wieder mit einer Frühjahrssituation zu rechnen und es ist besonders im Südsektor und in tieferen Lagen auf ein gutes Zeitmanagement zu achten. In den Hochlagen entstehen durch den auflebenden Südföhn frische, eher kleinräumige Triebschneeansammlungen, die vor allem in den schattseitigen Hochlagen stellenweise störanfällig sind.

Das Altschneeproblem bleibt in den nächsten Tagen erhalten und ist schwer zu erkennen. Die Schwachschicht ist je nach Mächtigkeit der überlagernden Schichten teilweise noch durch geringe Zusatzbelastung auszulösen. Lawinen können mittlere Größe erreichen. Sehr vereinzelt sind an sehr steilen Sonnenhängen durch die Durchfeuchtung auch spontane, nasse Schneebrettlawinen auf dieser Schicht möglich.

Rückblick in Bildern

Abb.6: Der Wintereinbruch brachte frostige Reifformationen wie hier in Zauchensee (© Veronika Wieser)

Abb. /: Bei gutem Zeitmanagement ließ sich auch in mittleren Lagen wieder lockerer Pulverschnee bei guter Sicht finden (© Veronika Wieser).

Abb. 8: Auch auf der Hinteren Großwandspitz wurden noch malerische Schwünge in den frischen Neuschnee gezogen (© Sperl Alex).

Abb.9: Wo am Hochkönig Anfang April schon die ersten Murmeltiere von den warmen Temperaturen aus dem Winterschlaf gerissen wurden, hat sich wieder eine weiße Decke über das schroffe Massiv gelegt (©Angelika Ortler).

 


Anna Heuberger ist neu im Team des Lawinenwarndienstes. Durch ihre Ausbildung als Skiführerin und ihr Studium der Alpinen Naturgefahren kennt sie die vielen Facetten von Schnee im alpinen Gelände. Anna hat außerdem nicht nur in den heimischen Bergen Erfahrung in der Gefahrenbeurteilung gesammelt, sondern auch in den Bergen Nord- und Südamerikas.